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Mahogany Frog: DO5

Stil: Instrumentale Globalisierungsmusik ohne Gequake

Cover: Mahogany Frog: DO5

Na endlich ... auf so ‘nen Cover habe ich schon immer gewartet. Zwei Keyboards, die explosionsartig aus einem Toaster, dessen Unterteil irgendwie einem Röhren-Radio ähnelt, schnellen. Dazu diese typische 70er-Jahre Ästhetik und fertig ist der Lack. Das verheißt nichts Gutes, außerdem ist Toastbrot ja nach modernsten wissenschaftlichen Erkenntnissen gesundheitsschädigend, weil mit hohem Krebsrisiko behaftet. Ob das auch für CDs gilt, auf deren Hülle neuerdings die T(o)asteninstrumente get(o)astet werden, weiß ich gar nicht. Es wäre wohl doch besser, erst einmal beim Arzt meines Vertrauens, der aber in Wirklichkeit eine Ärztin ist, nachzufragen. Nun liebt diese Ärztin zwar Musik, aber garantiert nicht diese Frosch-Musik, da würde ich bei ihr viel mehr im Trüben FISHen müssen, abER dEr iSt jA auch gerade auf der Suche nach seinem 13. weiblichen Sternchen.

Also gehe ich lieber das Risiko ein und höre im FROG CAFÈ als totaler Verachter aller Froschschenkelesser MAHOGANY FROG und komme zum Ergebnis, dass ich mir hier garantiert keinen Ohrenkrebs einfange. „DO5“ ist ansteckend gut, aber garantiert nichts für Menschen, die sich musikalischer Experimentierkultur gegenüber in ihrem Klischee-Konservativismus verschließen müssen. Schade nur, dass trotzdem eine Krankheit auf diesem silbernen Tellerchen lastet – das etwas dumpfe Klanggeschwür.

Statt des Krebses beschleicht mich, trotz der leichten Produktionsmängel, beim Hören eine wunderschöne Erinnerung – und zwar folgende: Was war das bloß für ein Gefühl, als ich noch hypnotisiert von RADIOHEADs Ausnahmealbum „O.K. Computer“ ihr neues KInD namens A in meinen Player schob und total verunsichert diesen Klängen voller gesampelter Stimmen und Instrumenten lauschte und mir die Frage stellte: „Ist das deren Ernst?“ Natürlich war es deren Ernst und als ich dies begriffen hatte, wurde mir wohl die wahre Größe gerade dieses kindlichen Albums bewusst.

MAHOGANY FROG aus Kanada allerdings kannte ich bisher noch nicht und „DO5“ scheint schon ihr fünftes Album zu sein. Und was soll ich sagen, als ich „DO5“ zum ersten Mal hörte, machte sich in mir dieses wohlige Radiohead-Kid-A-Gefühl breit. Und das liegt an den Zutaten dieser Musik, die von den Kanadiern selbst als „Psychedelischer Jazz-Rock“ bezeichnet wird. Ziemlich treffend, wenn man unter dieser Kategorie die Verschmelzung von elektronischer Musik mit Jazz-, Post-, Progressive- & Psychedelic-Rock voll wilder Sampler-Ideen & Loops versteht, die bei den Stimmverfremdungen wirklich starke RADIOHEAD-Ähnlichkeiten aufweisen. Ja, die Herren aus Winnipeg sprechen ihre eigene musikalische Sprache und kehren so ziemlich allen Vorurteilen den Rücken bzw. nackten Hintern zu, indem sie auch noch gleich zwei Trompeten eine gehörige Portion an musikalischen Freiräumen eröffnen und wirklich keinerlei stinkende Luft abblasen.

Genauso seltsam wie jeder einzelne Titel ist auch die Musik. „T-Tigers & Toasters“, der mit 11:11 Minuten (War das Absicht?) längste Track, bezieht sich vordergründig auf das Cover, auf dessen Rückseite ein verschwommenes Bild mit einem Tiger erkennbar ist und zur Vorderseite gab’s ja hier schon genug Infos. Die Musik wiederum wartet mit diesen seltsamen Stimmverzerrungen der Marke Radiohead auf, die immer mal wieder aufgegriffen werden, um dann kurz in die atmosphärischen Klangwelten von SIGUR RÒS einzutauchen und alsbald in schwer psychedelischen Blubbereien zu versinken. Ein Fischer rettet sie dann mit Trompeten und einem zarten Countrygefühl aus diesen Gewässern, lädt sie wohl auf seine Fischfarm ein und bittet die Musiker zu bleiben. Doch die brechen aus, scheinen total durchzudrehen, das ist doch meschugge, wenn man sich nach solchem Angebot sofort wieder eine bewusstseinserweiternde Pille einwirft, die übrigens schon nach anderthalb Minuten den guten SPOCK an seinem nie existenten BART zupft, um mit ihm in einen Schunkelrhythmus zu verfallen, dem plötzlich der Saft ausgeht. Nein, dazu keine nähere Erläuterung … DAS muss man einfach mal gehört haben. Dieser Musik stehen eben alle noch so seltsamen DOORS offen, sie setzt sich zwischen jeden Stuhl und scheint sich dabei sauwohl zu fühlen, so stark ihr auch der HawkWIND ins Gesicht bläst.

Und wenn wir nach dem vierten Titel festgestellt haben, dass weder wir noch die Musiker „meshugah“ sind, packt unsere Ohren eine ganz große Liebe, die RADAR LOVE, die sich wie ein GOLDENER OHRRING daran festklammert. Selbst wenn anschließend irgendwelche dämonischen Löffel uns aus dem TANGERINE DREAM reißen, um ganz am Ende genau die Tradition aufzugreifen, die uns der wundervolle Post-Rock gerade aus ihrem Lande Kanada bescherte, weil das „Loveset“ in der klassischen Manier ihrer kanadischen Landsleute von GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR oder SILVER MT. ZION daherkommt.

FAZIT: Rettet mich nicht vor dieser Musik, sondern MIT ihr vor meinem Untergang in den kategorisierten Untiefen von Schubladendenken und Zuordnungswahn – mir fiel nur „Instrumentale Globalisierungsmusik ohne Gequake“ ein. Wenn ich einen Frosch musikalisch küssen müsste, dann wählte ich diesen, ansonsten aber würde ich in Natura nur die Eine küssen, deren Name klammheimlich in dieser nunmehr 99. Kritik von mir versteckt wurde.

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.10.2008

Tracklist

  1. G.M.F.T.P.O.
  2. T-Tigers & Toasters
  3. Last Stand At Fisher Farm
  4. You’re Meshugah!
  5. I Am Not Your Sugar
  6. Demon Jigging Spoon
  7. Medicine Missile
  8. Lady Xoc & Shield Jaguar
  9. Loveset

Besetzung

  • Bass

    Scott Ellenberger

  • Gitarre

    Graham Epp, Jessie Warkentin

  • Keys

    Graham Epp, Jessie Warkentin, Scott Ellenberger

  • Schlagzeug

    J.P. Perron

  • Sonstiges

    Graham Epp (Trompete), Scott Ellenberger (Trompete & Perkussion), J.P. Perron (Conch & Electronics)

Sonstiges

  • Label

    Moonjune Records

  • Spieldauer

    47:03

  • Erscheinungsdatum

    17.01.2008

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