Wie erfrischend im knüppelnden 2008er Einerlei: progressiver Heavy (!) Metal (!), wie ihn Fates Warning in ihrer Mittelphase nicht besser, aber emotionsloser spielten, paart sich mit fleischigen Gitarrensounds, einer tollen Stimme und finnischer Songwriting-Intelligenz.
Alexi hat eine sehr wandlungsfähige Stimme und zieht sich die Vocal-Hooks so cool und vergleichbar unterkühlt aus dem Ärmel wie die ganzen Progmetaller aus den Neunzigern, die dem darbenden Genre einige bis heute wenig beachtete Perlen aus der zweiten Reihe schenkten. Dabei sind MALPRACTICE jedoch keine Jungzeit-Nostalgie, sondern vom Sound her (und der emotionalen Komponente sowieso) im Hier und jetzt verhaftet, beziehungsweise ohnehin zeitlos und auch nächste Woche noch relevant. Die einsilbigen Songtitel verdecken die Langzeitfreundschaft, die man mit dieser Band schließen kann, denn ihre Stücke zünden weniger unmittelbar, halten dafür aber länger bei der Stange. Eine solche haben MALPRACTICE bei ihren definitiv virtuosen Kompositionen aber nie im Kragen ihres Leibchens vergessen, weshalb man nie den Eindruck gewinnt, hier bangten (wahlweise deutsch/englisch zu verstehen) ein paar verhinderte Musikstudenten ohne Metalherz und Seele. Thrashiges wie “Deception” steht dabei feinfühligen Instrumentalparts von Rush-Qualität (aber immer mit viel Muskelspiel) gegenüber.
Lange sind 50 Minuten nicht mehr so kurzweilig gewesen; jeder der Tracks ist ein Kleinod für sich, das einerseits die Musikwelt nicht aus den Angeln hebt, andererseits diesen grundlegend falschen Ansatz auch gar nicht verfolgt, sondern sich auf gute, unaffektierte Mucke beschränkt. No frills aus Finnland ist ja auch mal was… und erinnert, dass es im Metal nicht ums Schillernde geht, sondern um den Song an sich, der auch mal weniger offensichtlich ins Ziel einlaufen darf.
FAZIT: Effektheischend sind andere Bands, was MALPRACTICE durch unverkrampften Anspruchsmetal ersetzen, den sich Fans von - um aktuelle Beispiele zu bemühen - Redemption oder Poverty‘s No Crime genehmigen sollten. Keyboardfreie Zone übrigens: Hoch die Axt!
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.04.2008
Jonas Mäki
Aleksi Parvianinen
Joonas Koto, Markus Varnhala
Toni Paananen
Spinefarm/Soulfood
50:11
02.05.2008