Was skandinavische Retrobands melancholisch und amerikanische „indie-mäßig“ mit altem Progrock anstellen, schaffen OCTO WALLACE im besten Sinne pan-europäisch. Ein seltener Sänger, der sich nach Brian Molko anhört, lässt sich vom verkifften bis virtuosen Rumoren im Hintergrund nicht beeindrucken.
Swobo kommt von Calling Linus... Nie gehört, aber auch egal. Dass seine Äußerungen bisweilen ins Komische abdriften, jedoch dem Unterbau nicht seine Substanz und Ernsthaftigkeit nehmen, spricht für ihn und OCTO WALLACE. Solche Schrägheiten haben, wenn sie aus Übersee kommen, hierzulande immensen Erfolg; warum OCTO WALLACE noch niemand kennt, kann man sich angesichts dieses Albums nicht vorstellen. „Yes To Say No!“ reicht zeitweilig gar an die Frickelqualitäten amerikanischer Math-Bands heran, vergisst aber die verträumten Passagen nicht als Anlaufbahnen zum nächsten Ausbruch, den man nicht klischeemäßig per vorhersehbarer Ansage einbaut. Dass der Albumabschluss wunderbar stimmungsvoll und kein „Nochmal alles geben“-Track ist, beweist die Vielseitigkeit der Gruppe und kann wahrhaft berühren, wo andere Bands vor lauter Zeigen, wie toll sie sind, die Emotionen vergessen. Gleichwohl: OCTO WALLACE vermitteln mitunter seltsame Emotionen...
Im quasi-Opener „Cliff Burton With Happy Finish“ klingen sie dagegen wie die von Anekdoten auf deren ersten Alben weitergedachten King Crimson – also nach Siebzigermusik im Geist der Jetztzeit gespielt (heavy!), statt sich wie Fripp und co. bisweilen der völligen Avantgarde zu verschreiben. Da gibt es fiesen Fuzz und space-rockiges Zischen zwischen Zentnerriffs zu hören, wohingegen in „Listrik“ einige Gitarrenlinien gut zu verschrobenen Alternative-Bands passen würden. Statt Texten tun es in der Regel übrigens auch urschreiartige Lautäußerungen. Das Zusammenspiel der tonangebenden Klampfen mit den weiteren Instrumenten ist nichts weitere als kreativ, detailverliebt und auch in seinen Einzelheiten klanglich bestens inszeniert – Der kratzige wie warme Sound passt blendend zu dieser modernen Ausübung alter Tugenden. Ob die schummrige Orgel in „Circus Socialetti“ nebst pappige Synth-Drums Kontakte mit der Kautrock-Fanfraktion und den Freaks in der Manege des rockmusikalischen Undergrounds knüpfen kann? - Und verdammt, wo kommt diese Videospielmelodie am Ende her?
FAZIT: OCTO WALLACE sind eine klasse Band im Geiste alter und schräger Siebziger-Härtner, die lieber die Klappe halten und Worte sprechen lassen. Allerdings würden sie sich auch mit häufiger eingesetzten Vocals keineswegs dummdeutsch anhören – unbedingt reinhören – auch als Fan von sogenanntem Alterna-Prog zwischen Hippem wie Mastodon und The Mars Volta.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.10.2008
Tobi
Peter, Swobo
Domi
Peter
Guido
Eigenvertrieb
40:32
09.08.2008