Die Brasilianer TEMPESTT legen nach jahrelanger Erfahrung und Erfolgen als Coverband in ihrem Heimatland nun mit “Bring `Em On” ihr erstes Album mit Eigenkompositionen vor. Und obwohl dieses Debüt auf Anhieb wie aus einem Guss klingt, machen sie es dem Hörer nicht leicht, die Band stilistisch einzuordnen. Auf der einen Seite wird sofort deutlich, dass man es mit echten Könnern und Virtuosen zu tun hat, technisch hervorragenden Musikern, die immer wieder leicht progressive Passagen einstreuen. So erinnern die ruhigen, verträumten Momente und die wunderbaren Harmoniegesänge ein wenig an die letzten Alben von SIEGES EVEN. Geht es mit knackigen Riffs härter zur Sache, fühlt man sich öfters an die Metal-Ausbrüche von DREAM THEATER erinnert (ohne allerdings deren Frickelfaktor zu erreichen). Auf der anderen Seite wirken TEMPESTT aber im Gesamtbild gar nicht so sehr mit diesen Bands vergleichbar, und auch der stets latent vorhandene progressive Anstrich nimmt nie größere Ausmaße an. Stattdessen überwiegt der Eindruck, es mit einer zwar anspruchsvollen, technisch überaus versierten, aber doch eher geradlinigen Hard-Rock-Truppe zu tun zu haben. Die ruhigen und heftigen Parts werden sehr dynamisch verbunden und perfekt arrangiert, so dass “Bring `Em On” tatsächlich schlüssig klingt.
Trotz aller technischen Beschlagenheit konzentrieren sich TEMPESTT vor allem auf eingängiges Songwriting. Wobei die Band das Kunststück schafft, starke Hooklines zu bauen, ohne auf ausgelutschte Melodien zurückgreifen zu müssen. So gefallen die meisten Songs zwar bereits beim ersten Hören, setzen sich aber erst nach und nach im Gehörgang fest (Ausnahmen wie das extrem eingängige “Fallen Moon” bestätigen die Regel). Gleichzeitig wird das Album auch beim zehnten Durchlauf nicht langweilig, sondern bleibt immer spannend. Ob rein akustisch, hymnisch mit Klavierbegleitung, hart rockend oder progressiv-metallisch: TEMPESTT überzeugen in allen Bereichen, und viele Songs entfalten nach und nach immer mehr ihren Reiz. Demgegenüber stehen lediglich ein, zwei etwas schwächere Tracks, die aber immer noch genug zu bieten haben, um nicht als Skip-Kandidaten zu enden. Zum Abschluss gibt es auf dieser europäischen Version des Albums (neben einem neuen Track) noch eine schöne Coverversion von “Don´t Stop Believin´” von JOURNEY.
Der tolle und vielseitige Gesang steht klar im Vordergrund. Frontmann BJ hat sowohl die rauhe und kernige Hard-Rock-Stimme drauf, als auch sanfte, melancholische oder hohe, klare Töne. Trotzdem bleibt genug Raum für jeden Instrumentalisten sich in Szene zu setzen. Besonders die Gitarren wissen mit ausgezeichneter Lead- und Rhythmusarbeit zu überzeugen.
Abgerundet wird dieses Erstlingswerk durch die gute Produktion, welche gleichzeitig richtig druckvoll, aber auch nicht zu kalt oder steril klingt. Einen noch natürlicheren, filigraneren Sound wie auf den beiden letzten Werken von SIEGES EVEN hätte ich mir auch sehr gut für TEMPESTT vorstellen können. Die Band hat sich jedoch für etwas mehr „Wumms“ und einen fetten Hard-Rock-Klang entschieden, findet aber die richtige Mischung.
FAZIT: Wer seine Musik gerne anspruchsvoller, tiefgehender und langlebiger mag, aber gleichzeitig nicht auf eingängige Hooks und knackige Riffs verzichten will, findet mit “Bring `Em On” von TEMPESTT genau das Richtige. Ein absolut überzeugendes Debüt!
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.04.2008
Paulo Soza
BJ
Gustavo Barros
Edu Cominato
Metal Heaven
58:47
28.03.2008