Man soll ja ein Buch nie nach dem Cover beurteilen; das Gleiche gilt auch für CDs. Sonst kämen wir zu der Vermutung, dass es sich beim Debüt der 69 CHAMBERS um den neusten Gothic Pop Erguss für Schwarzkittel in pubertären Nöten handelt. Doch Sängerin und Gitarristin Nina Treml, die sich da augenscheinlich in einer Wanne voller schwarzem Wasser räkelt, hat nichts weniger im Sinn, als die Hitparaden mit Grufthymnen zu erstürmen.
Stattdessen bietet das Schweizer Trio 69 CHAMBERS eine bleischwere Melange aus Alternative-Rock, Grunge und Metal. Dabei springen sowohl spröde Balladen („On The Inside“, „A Ruse“) wie Ausflüge in den Death-Metal („Judas Goat“), inklusive knapper Growls, raus. Nina Treml singt nicht nur wie eine Mischung aus Tori Amos und Alanis Morrisette mit Eiern, sondern überzeugt auch als Gitarristin.
„War On The Inside“ besticht durch ruppige Melodien und unterschwellige Wärme, wozu auch die Rhythmussektion mit Maddy Madarasz am Bass und Michi Brugger an den Drums ihren gewichtigen Teil beiträgt. Dass die Promotion allzu augenfällig auf die talentierte Frontfrau und Blickfang Nina Treml ausgelegt ist, lenkt fast zu sehr von der Qualität des Trios als geschlossene Band ab. Woran die Musik aber keinen Zweifel lässt.
Ähnlich wie die deutschen Kollegen STURCH transportieren die 69 CHAMBERS ihre Vorstellung von Grunge in die Gegenwart, lassen weitere Einflüsse zu und besitzen zudem ein gehöriges Maß Rock ’n Pop-Appeal, der ohne Anbiederung funktioniert. So entsteht ein Album, das neben wenigen Wiederholungen, sowohl in der härteren Gangart wie in den leisen Momenten Substanz beweist. Starke Leistung, die einmal mehr belegt, dass aus der Schweiz mehr kommt als Schokolade, Kuckucksuhren, Käse und DJ Bobo. Vor allem letzterer wird um Längen übertroffen.
FAZIT: Mit ihrem Debüt zeigen 69 CHAMBERS nicht allein, dass es in der Schweiz keineswegs nur gemütlich zugeht, sie belegen auch, dass Grunge nicht tot ist, noch nicht einmal merkwürdig riecht, sondern als Impulsgeber immer noch taugt. Doch die Band spielt keine einstmaligen Erfolgsformeln nach, sondern entwickelt ein eigenes Profil. Mit rotzigem Charme spielen sie sich durch ein abwechslungsreiches Programm, dessen düstere Lyrics von innerer Zerrissenheit handeln, von Rebellion, Schizophrenie, der Angst vor (Gefühls)-Verlusten und Zusammenbrüchen. Nina Treml ist als Sängerin und Gitarristin eine Entdeckung, besitzt in ihren Mitspielern aber auch die kompetente Begleitung um zu glänzen.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.04.2009
Maddy Madarasz
Nina Treml, Maddy Madarasz (BV)
Nina Treml
Michi Brugger
Silverwolf / SPV
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24.04.2009