Was wie ein im Suff Bier über Kutten und schäbige Kassettenrekorder verschüttendes Gründerzeit-Revival beginnt, nimmt bis zum bitteren Ende nach knapper Stunde übel ungereimte Ausmaße an. ACID DRINKERS, Polens langjährige Altschuldresch-Institution, handelt auf ihrem neuen Album in Sachen Zeitgeist. Wären die Songs selbst doch wenigstens gut oder so energiereich wie der Opener und sein noch recht flinker Wurmfortsatz...
Die Alarmglocken läuten spätestens während des dritten Stückes: wenig überzeugend ist "Swallow the Needle" mit Sprechgesang und bewegungsunfreudigem Stakkato-Rhythmus ausgefallen - Schuster bleib bei deinen Leisten, doch nein - dies ist kein Ausrutscher. "The Ark" steht vom spielerischen Gesichtspunkt Bands wie den frühen The Haunted recht nahe, doch der klare und immer etwas überspannte Gesang weist ACID DRINKERS klar als Kinder der Achtziger aus. Ein gewisser Anspruch von Lockerheit, der überhaupt nicht in die oftmals zu verbissen ausgebreiteten Themenwelten aktueller Bands passen möchte, schielt ebenfalls an die 20 Jahre zurück. Dennoch tönen ACID DRINKERS 2009 niemals nach Retro und haben andererseits das Problem, dass ihre Modernitätsbekundungen nicht befriedigen und gewollt klingen - allen voran in "Meltdown of Sanctity", einem inspirationsarmen Rumgegroove mit effektbeladenem Stimmeinsatz, der in seiner Variationsarmut an den Schwanengesang der Cyber-Kanadier Obliveon erinnert. ACID DRINKERS hebeln damit den wohltuenden Effekt ihrer bisweilen rockigen Lead- und Sologitarren aus. "We Died Before We Start To Live" riecht nach gewolltem Hit, wenn der Refrain gesanglich derart großspurig Neo-Metal-Epik verbreitet, die Musiker aber ihre Schuhe runterspielen und aktuelle Kompositionsgepflogenheiten höchstens oberflächlich nachvollzogen haben. Auch in "Red Shining Fur"mischen sich alter Thrashcore mit gewollt kruden Gesangsmelodien, die wohl "freaky" klingen sollen.
Grauenhaft: "Silver Meat Machine"; so etwas haben schlechteste Machine-Head- oder Korn-Clones in den Neunzigern nicht verbrochen. Der Abschlusstrack schielt mit wurmstichigen Augäpfeln sogar in Stoner-Gefilde. Angesichts vierer polnischer Grammies für ACID DRINKERS könnte man meinen, das Land sei ein unbelecktes Metal-Entwicklungsgebiet. Dabei haben genügend Bands nicht erst seit gestern eine eigene und ernsthafte Spielkultur etabliert (nicht bloß im extremen Sektor), von der diese vermeintliche Institution meilenweit entfernt ist. "Verses of Steel" ist nach animierendem Antritt ein einziges Trauerspiel - Abpfeifen bitte.
FAZIT: ACID DRINKERS entscheiden sich für nicht mehr wirklich trendgerechte Thrash-Interpretationen und darüberhinaus eine biedere Dabietung, anstatt frei von der Leber das zu tun, was Veteranen am besten können: die Krücken wegwerfen und mit Nachhalt der Jugend das "Früher war alles besser" ins Gesicht klatschen. "Verses of Steel" möchte ein Facelifting sein, wie es etwa "B.A.C.K." für Artillery darstellte, entsinnt sich aber nicht seiner eigenen Herkunft. Langweiler-Riffs zum Abgewöhnen.
Punkte: 3/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.04.2009
Tomasz
Tomasz
Darek
Maciej
Regain / Soulfood
51:57
17.04.2009