Auch wenn mir die bisherigen Werke von ADAGIO nur auszugsweise bekannt sind, die Eröffnung des neuen Albums klingt doch überraschend. Statt der erwarteten neoklassischen und symphonischen Klänge gibt es in „Vamphyri“ erstmal modernes Thrash-Gebretter und aggressives Gebrüll zu hören. Dieser Eindruck relativiert sich jedoch im weiteren Verlauf etwas: Zwar herrscht eine düstere Grundstimmung vor, unterstützt von jeder Menge tiefer gestimmter Stakkato-Riffs, und der neue Sänger Christian Palin klingt auf jeden Fall rauher und aggressiver als seine Vörgänger, singt jedoch durchaus melodisch. Zudem verfügt er über einen recht großen Stimmumfang und begibt sich desöfteren in höhere Lagen. Auch wenn vereinzelt gar mal Death-Metal-Vocals zum Einsatz kommen, bleiben ADAGIO somit im Gesamtbild eine sehr melodische Band, und zahlreiche Gitarren- und Keyboardspielereien rücken den Sound etwas in die Progressive-Ecke. Am ehesten kann man „Archangels In Black“ wohl mit den ruppigsten Momenten einer Band wie SYMPHONY X vergleichen.
In einigen Stücken funktioniert der Spagat zwischen düsterer Härte und Melodie wunderbar: Der Titeltrack enthält beispielsweise einige Passagen, die man fast als Black Metal bezeichnen könnte, gleichzeitig aber eben auch Chorgesänge, einen großen Refrain und ein schön melodisches Solo. „The Fifth Ankh“ klingt sehr düster, enthält aber wiederum einen hymnischen, treibenden Refrain. An anderen Stellen wirkt das Material jedoch ein wenig zu verkrampft brutal. Ab und zu hätte man eine schöne Melodie vielleicht einfach schön sein lassen sollen, ohne immer gleich Vollgas zu geben. So hat man manchmal das Gefühl, dass prinzipiell melodische Stücke mit ballernden (und etwas stark getriggerten) Drums, fiesen Gitarrensounds und dem immer kernig am Limit röhrenden Gesang auf hart getrimmt wurden. Zwar gibt es innerhalb der Songs immer wieder kleine Verschnaufpausen, z.B. in Form von ruhigen Piano-Zwischenspielen, aber insgesamt überwiegt der Eindruck der aggressiven Dauerbeschallung. Über die gesamte Spielzeit wirkt dies etwas ermüdend und auch eintönig. Eigentlich schade, denn man hat im Prinzip einen starken Sänger zur Verfügung und auch ansprechende Melodien zu bieten, nur tritt dies bei dieser Form der Umsetzung in den Hintergrund. Als Negativbeispiel muss „Twilight At Dawn“ genannt werden, hier wurden extreme Parts ohne rechtes Konzept aneinandergereiht. Das abschließende „Getsu Senshi“ zeigt dagegen, dass es auch anders geht: Ohne künstliche Härte wird das Tempo angezogen, und der Song klingt dadurch gleich frischer und mitreißender.
Technisch gibt es nichts zu bemängeln, das Album ist gut produziert, und ADAGIO agieren spieltechnisch auf einem hohen Niveau. Besonders die Leads von Stéphan Forté lassen immer mal wieder aufhorchen.
FAZIT: „Archangels In Black“ ist sicherlich kein schlechtes Album, und ADAGIO gelingt es, eine den Texten entsprechend düstere Atmosphäre zu kreieren. Aber ob man sich einen Gefallen getan hat, Melodien und Eingängigkeit oft zu Gunsten erhöhter Aggressivität zu opfern? Mit einer ausgewogenen Mischung hätte man mehr erreichen können.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.03.2009
Franck Hermanny
Christian Palin
Stéphan Forté
Kevin Codfert
Eric Lebailly
Listenable Records
47:39
02.02.2009