Im unüberschaubaren Prog-Raum (im weitesten Sinn) kommt das Lob von Dream Theaters Mike Portnoy mehr als einem Ritterschlag gleich. Der Boom lässt dem Hörer die Qual der Wahl, sodass er gerne den Tipp des Meisters annimmt. Zur Belohnung bekommt er mitnichten (wie vom Fabeldrummer kolportiert) die Krone der Orgelrock-Schöpfung im Jahre Neunundreißigeinhalb nach "In Rock", aber dafür eine bärenstarke Scheibe, die der Konkurrenz nichts nimmt oder gibt. BIGELF zitieren Purple, Heep und Konsorten; der Rest der Rezension schreibt sich fast von selbst.
"Cheat the Gallows" ist eine Zitatsammlung ähnlich wie Wobblers "Hinterland", nur mit anderen Vorzeichen als Yes oder Gentle Giant. Mit den Norwegern eint BIGELF die Detailtreue, nicht aber die Reproduktionsfreude des Siebziger-Ambientes. Die erwähnten Hardrock-Ikonen werden klanglich emuliert, doch hinsichtlich der Stimmung agieren diese Genossen durchaus modern, wie auch der Sound bei aller Wärme im 21. Jahrhundert zu verorten ist. Man mag diesen andererseits als ebenso zeitlos wie die Kompositionsprinzipien nennen, womit man gleich die dezenten Beatles-Anklänge hier und dort erwähnen kann. "The Evils of Rock & Roll" stellt den Gipfel der Patchwork-Philosphie von BIGELF dar. Ihr Sinn fürs Theatralische wirkt weder pathetisch noch zynisch augenzwinkernd; die Band ist vielmehr ein Haufen Dabeigewesener, der das Recht zu sagen hat: Wir kennen es, also dürfen wir auch mit ins Backenfleisch gedrückter Zunge darüber sprechen. Statt zu ironisieren und Hardrock trivial darzustellen, schreiben die Kalifornier aber Feeling-Balladen wie "No Parachute" und hauen sich und ihrem Publikum den Pomp zentnerweise um die Ohren - höre "Counting Sheep" und "Hydra". A Propos: schlägt man diesem Drachen einen Kopf ab, scheinen zwei weitere nachzuwachsen. Das macht Spaß, obwohl oder gerade weil man die Gesichter bei aller Verschiedenheit schon einmal gesehen hat.
Um noch einmal auf den Beginn dieser "Kritik" zurückzukommen: Es ist völlig unsinnig, sich über beste/vielste/meiste Bands in Genre xy zu unterhalten. Der Fürsprecher von BIGELF mag Verwandtes nicht auf dem Schirm haben und die Gruppe deshalb zu den Kings adeln. Der Rezensent jammert indes auf hohem Niveau, wenn er die kondensierte Form (die "Mad Hatter"-EP der Band) oder gleich die noch etwas unbeschwerter auftretenden Black Bonzo vorzieht. Ansonsten: Retro im frischen Gewand, mit Spielwitz und auf Höchstniveau in nahezu allen Kategorien. Naschen am Nostalgie-Kadaver ohne Reue.
FAZIT: BIGELF gehören zu den noblen Adressen auf der Straße zurück zu den Wurzeln. Namen sind Schall und Rauch. Kräftiger Hardrock mit progressivem Versatz ist nicht totzukriegen - und das ist gut und tut gut. Überfüllen kann man den Markt mit solcher Musik gar nicht, denn wer sich an ihr versucht und versagt, hört sich wie eine drittklassige Kiffer-Band an. BIGELF sind dagegen feinster Stoff - die Northern-Lights-Samen der Szene gewissermaßen. Lasst sie sprießen!
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.10.2009
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