THE FIXX waren so etwas wie die intellektuelle Variante DURAN DURANs. Weniger oberflächlich, nie Richtung Disco schielend und vielfach tanzbar. ROXY MUSIC waren nicht weit entfernt, ebenso wenig DAVID BOWIE und die späten JAPAN. Im Zusammenhang mit dem Debüt „Shuttered Room“ bemühte sogar ein Kritiker den Vergleich mit den DOORS. Nicht ganz unberechtigt, besaß die Band doch in Cy Curnin einen bemerkenswerten Sänger und tauchte tiefer in die dunkle See des menschlichen Zusammenlebens ein, als ihre oberflächlicheren Verwandten. Trotz einiger Chartplatzierungen blieb der große (kommerzielle) Durchbruch aber aus. Doch gehören gerade die von Rupert Hine produzierten Alben zu den wahren Vermächtnissen eines musikalisch gerne unterschätzten Jahrzehnts.
„Solar Minimum“ ist CY CURNINS drittes Solo-Album, aber das erste, das regulär in Deutschland erscheint. In CURNINs Begleitung befinden sich u.a. seine ehemaligen THE FIXX-Kollegen Jamie West-Oram und Rupert Greenall. So kann Verbundenheit aussehen. Von der eher extrovertierten Musik mit funkigem Einschlag seiner früheren Band hat sich CURNIN ziemlich weit entfernt. „Solar Minimum“ ist ein ruhiges, dezent instrumentiertes Album, das durch seine hohe Intensität besticht.
Da sind die wunderbaren THE BLUE NILE ziemlich nah, ebenso die beiden großen Davids, Syvian und Bowie. Doch CY CURNIN bleibt, allen naheliegenden Vergleichen zum Trotz, eigenständig. Dafür sorgt allein schon seine eindrucksvolle, unverkennbare Stimme, die sich auf „The Other Side Of The Story“ sogar den Luxus erlauben kann, in LEONARD COHENS Areal zu fischen, ohne ihren eigenen Charakter zu verlieren. Ergreifende Melodien satt, nachdenkenswerte Texte, die eindrückliche Bilder herauf beschwören; CURNINS Musik ist Balsam für waidwunde Seelen, ein Traum vom Schweben im mitternachtsblauen Ozean. Dabei blendet er Schattenseiten nicht aus, singt von Einsamkeit, kleinen und großen Fluchten, der eigenen Verantwortlichkeit - und mehr Glück beim nächsten Mal.
„Solar Minimum“ hat diesen Wunsch nicht nötig, kann das Album doch, vielleicht mit Ausnahme des etwas zu gefühlgen Schlusstracks „My Sweet Life“, rundum überzeugen.
FAZIT: Eine der einprägsamsten Stimmen der 80er meldet sich mit Solo-Album Nummer Drei zurück in Deutschland. Exzellent klingende Songs von hoher Intensität bietet „Solar Minimum“ fast im Dutzend. Electronica, gedrosselter Glam-Rock, moderner Gospel, dezenter Reggae, Jamie West-Orams schneidende, aber nicht brutal killende Gitarre, warme Keyboards: hier wird zusammen gebraut, was zusammen gehört. Über allem diese zurückhaltende und doch prägnante Stimme. Keine wehmütige Reise in die Vergangenheit, sondern Zeichen eines mit Verstand und Sinnlichkeit gelebten Lebens. Und (mindestens) mit „The Other Side Of The Story“, „Simply Complicated“ und vor allem „Sail“ finden sich Songs im Programm, die in der Jahreswertung einer gerechten Welt, eigentlich ganz vorne auftauchen müssten.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.10.2009
Cy Curnin, Nick Jackson
Cy Curnin
Nick Jackson, Jamie West-Oram, Bruce Gaitsch
Cy Curnin, Rupert Greenall, Nick Jackson
Will Chism
Uinh Pham, Laure Simonin (violins), Philippe Laugier (viola), Corentin Dalgarno (cello), Emmanuel d’Orlando (string arrangements)
Hypertension Music/ Soulfood
44:53
30.10.2009