"Ich bin schon mehr als dreimal so lange zusammen wie die Beatles", scherzt ELLIOT MURPHY gerne. Der Songwriter "gründete sich" 1973, hat seitdem gut und gerne dreißig Alben veröffentlicht und ist trotzdem nach wie vor geradezu schändlich unterbewertet. Eine kleine, ungemein treue und enthusiastische Fanschar hat sich der New Yorker, der -mit einer Französin verheiratet- seit 1990 in Frankreich lebt, in Europa aufgebaut. Ihn umgibt, wenn man seinen Konzerten beiwohnt, eine geradezu magische Aura. Einer der Gründe wohl, warum man ihn gerne mit BOB DYLAN vergleicht, aber: Elliot mag zwar vielleicht etwas schrullig sein, aber ein kauziger Unsympath wie der legendäre Protestsänger wider Willen ist er definitiv nicht!
Im September 2008 wurde ELLIOT MURPHY mit einer dreiwöchigen Ausstellung "Elliot Murphy: Last Of The Rockstars - Retrospective" im Rathaus des 6. Arrondisements zu Paris geehrt, bei der er noch völlig neue Dinge über sich erfuhr, wie er hierzu lakonisch bemerkte. Er fühlte sich tief geehrt und krönte diese Ausstellung mit einer fulminaten Show im ausverkauften Rathaussaal.
Nach der etwas langatmigen Einführung durch den Bürgermeister des 6. Arrondisements, Jean-Pierre Lecoq, startet ELLIOT MURPHY mit seinen NORMANDY ALLSTARS, um den begnadeten Gitarristen Olivier Durand formiert, in sein fünfzehn Songs umfassendes Set. Ohne zwei Zugaben ließ ihn allerdings keiner der Anwesenden ziehen.
Mit drei Klassikern, "Black Crow", "Sonny" und dem furiosen "Green River" startet Murphy mit seinem Alter Ego, Olivier Durand, in die Show. Alan Fatras schlägt lediglich eine Kistentrommel, Cajón genannt, und Laurent Pardo zupft einen Akustikbass. Hier liegt vielleicht ein kleines Manko dieser Live-Performance Murphys: Die Songs sind alle mehr oder weniger gleichmäßig arrangiert und somit etwas gleichförmig. Gelegentlich wünscht man sich eine Violine, ein Akkordeon oder eine Mandoline zur Abwechslung, zumal Olivier Durand bei aller Virtuosität seinen Gitarrenton kaum variiert. Aber das ist Meckern auf ziemlich hohem Niveau, denn die Songs sind allesamt energiegeladen. Die Band hat unglaublichen Spaß, glänzt mit großer Spielfreude und Intensität. Besonders schön fallen das nachdenkliche "Pneumonia Alley" und das stille "Ophelia", von der aktuellen "Notes From The Underground"-Scheibe entliehen, aus. Diese exzellenten Lyrics sind ein Markenzeichen des blonden New Yorkers. Mit "Last Of The Rock Stars" und "On Elvis Presley's Birthday" folgen weitere Klassiker, allerdings werden auch immer wieder neuere Stücke wie "Doctor Of Mercy" und "And General Robert E. Lee" ins Set eingebaut. Stilistisch bewegen sich Elliot Murphy und seine Band vorwiegend im knackigen Roots-Rock, mit deutlichen Singer/Songwriter-Ambitionen. Mit "A Touch Of Kindness" und "Diamonds By The Yard" steuert die Show fraglos auf ihren Höhepunkt zu. Als Zugabe bringt Elliot Murphy dann noch eine orgiastische Version des DOORS-Meilensteins "L.A. Woman" und sein unvermeidliches "Come On Louann". Sehr schön sind die Impressionen aus dem sich leerenden Saal im Abspann...
Die beigefügte CD, die den Datenträger nahezu vollständig füllt, bringt noch einmal die wichtigsten Songs der Show, ohne die Zugaben zu berücksichtigen. Immerhin zwölf Songs lassen sich auf diese Weise auch im Auto als gute Highway-Music nutzen.
FAZIT: Ein prall gefülltes Package hat Blue Rose hier wieder einmal abgeliefert, dem als Sahnehäubchen lediglich ein Booklet und einige Boni fehlen. Anyway: Elliot Murphy's "Alive in Paris" ist für Roots-Rocker rundum empfehlenswert.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.11.2009
Laurent Pardo
Elliot Murphy
Elliot Murphy, Olivier Durand (Acoustic Guitars)
Alan Fatras (Percussions), Elliot Murphy (Harp)
Blue Rose Records
DVD etwa 115:00 - CD 72:28
01.11.2009