ELOY sind eine Institution! DIE Institution deutschen Prog-Rocks mit deutlicher PINK FLOYD-Schlagseite, die sich immer wieder von der Bühne verabschiedet, um immer wieder irgendwann dort erneut aufzutauchen und ihren Fans genau das gibt, was sie von ELOY erwarten: Progressive Rockmusik mit mystischen englischen Texten und weniger mystischen PINK FLOYD-Anleihen. Dabei können sie absolut nichts falsch machen, denn spätestens seit „Ocean“ und „Silent Cries And Mighty Echoes“ besitzen die Jungs Kultstatus und scheinen sehr wohl zu wissen, wie sie zu klingen haben.
Nur wirft „Visionary“ eine große Frage auf: Klingt ELOY so wie gewohnt aus Musiker-Leidenschaft oder aus Gründen der Fan-Befriedigung? Die Aussagen von FRANK BORNEMANN wirken dabei fast erschreckend, da sie sich eher als Fan-Dildo outen: „Uns erreichten zunehmend E-Mails und Briefe begeisterter Fans aus aller Welt, […] die uns mit bewegenden Worten schreiben, wie tief sie unsere Musik berührt, wie sehr sie sich damit identifizieren, und wie wichtig ihnen die Band ist, aber auch, wie sehr sie sich ein weiteres Album oder gar Konzerte wünschen… Ich gebe zu, dass mich das alles sehr beeindruckt und letztlich auch dazu bewegt hat, die Musiker nach 11 Jahren erstmals wieder zu versammeln, um sie zu fragen, ob wir unseren großartigen Fans, angesichts ihrer langjährigen Treue und dafür, dass sie unsere Musik und unseren Namen so unermüdlich weiter verbreiten, nicht noch etwas schuldig sind.“
ELOY – eine Band auf (Fan-)Abruf!? Mit „Visionary“ sind sie ihrer Schuldigkeit voll und ganz gerecht geworden. Sie haben ein Album geschaffen, das hervorragend an „Ocean 2“ anknüpft, ausschließlich Altbewährtes wiederholt und bis auf ein paar Flöteneinsätze nichts Neues zu bieten hat.
Doch stopp! Da gibt’s noch eine weitere Veränderung, die mir fast durch die Ohrlappen gegangen wäre. BORNEMANN spielt zum ersten Mal auf diesem Album statt seiner gewohnten LES PAUL eine FENDER – ja, genauso eine wie DAVID GILMOUR, der sich mit seiner letzten Solo-Scheibe auf eine sonnige Schönklanginsel verdrückt hatte. Herr BORNEMANN darf ihn mit „Visionary“ dort bestimmt einmal besuchen.
Und so bleibt im Endeffekt doch alles beim Alten – für die alten Fans. Und alle alten Fans werden begeistert sein. Wahrscheinlich auch von dem ewig gleichartig gestalteten Cover. Nur ist das wirklich progressiv im Sinne von Weiterentwicklung? Nein! Es ist austauschbar und langweilig, aber trotzdem eben typisch ELOY. Es erfüllt Ansprüche, es weckt aber keine Neugier.
Auf „Visionary“ spielen Masken, die man aufsetzt, um anders zu erscheinen, als man hinter der Maske ist, eine wichtige Rolle. Um etwas vorzugaukeln. Um zu täuschen. Um anerkannt zu werden. Um sein wahres Ich zu verbergen. Um Anderen zu gefallen. Genauso erscheint mir dieses Album auch in Bezug auf ELOY. Eine musikalische Maske? Eine gesichtslose Identität? Ein Fan-Lächeln, hinter dem man ein marktorientiertes Grinsen verbirgt und gleich noch den Albenkatalog, remastert und samt aufwendigem Artwork, unters Fan-Volk bringt?! Muss das wirklich sein? Aus Sicht der Fans bestimmt. Sie werden sich freuen und auf dieses Album stürzen, weil es genauso wie vor 11 oder über 30 Jahren klingt. Es wird ihnen all das geben, was sie wollen – keine Wünsche offen lassen. Aber es befriedigt leider nicht meine (Kritiker-)Hoffnungen. Ein Kritiker, der früher mal im Osten 130 Mark für „Ocean“ ausgegeben hat und sich aus heutiger Sicht das Geld hätte sparen können. „Visionary“ ist visionslos und vorhersehbar. Ein Album für Fans, aber nicht für Entdecker neuer musikalischer Wege. Und es schmeckt wie ein aufgebackenes Brötchen, irgendwie ganz gut, aber nicht frisch!
FAZIT: Mit „Visionary“ schaffen ELOY Abziehbild-Prog von „Ocean 2“. So werden sie ihre alten Fans glücklich machen und vielleicht sogar neue hinzugewinnen. ELOY wird wohl immer ELOY bleiben und immer genauso klingen. Meinetwegen kann die Wartezeit auf das nächste Album ruhig wieder 11 Jahre betragen – ich zumindest weiß schon, was mich dann erwartet: Ocean 3!
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.12.2009
Klaus-Peter Matziol
Frank Bornemann
Frank Bornemann
Michael Gerlach
Bodo Schopf
Hannes Folberth (zusätzliche Keyboards), Anke Renner und Tina Lux (Gesang), Volker Kuinke (Renaissance-Flöte), Christof Littmann (Keyboards und Orchesterklänge), Stephan Emig (Percussion)
ASR / Soulfood
42:10
20.11.2009