Kapitel 3 der Endzeitsaga END TIME CHANNEL führt uns nach dem Prolog "Valuna Twilight Café", dem Suspense-Builder "Starship neilA" und dem mit Pauken und Trompeten einfallenden Interludium "A World of Uniformity" in die letzte Festung der Menschheit, die Großmetropole Shanghai. Der Krieg ist allem Anschein nach verloren, der Klimax vorbeigezogen. Nun geht es – zumindest dem Lehrbuch für Science Fiction zufolge – darum, menschliche Verhaltensmuster im Angesicht eines Neuaufbaus zu betrachten. Und so gut wie immer versammeln sich die letzten Überlebenden an einem Punkt, um die Kräfte zu bündeln und den Feind abzuwehren, der sich da anmaßt, einfach die Erde in Anspruch zu nehmen. So war es bei "Kampf der Welten", so war es bei "Independence Day", so ist es auch bei END TIME CHANNEL.
Die Vorhersehbarkeit der Erzählung ist weiterhin der größte Pferdefuß des Projektes, das Mastermind Udo Fischer in Kapiteln erzählt, die wie gehabt stets in einen neuen musikalischen Stil gekleidet werden sollen. Was die kompositorischen Ambitionen anbelangt, bewegt er sich allerdings weiterhin stilsicher durch die Meerräume der Galaxie, um mit atmosphärischen Bauwerken erster Güte zu beeindrucken und zu überraschen. Sicher, die ungünstigen Produktionsbemühungen hört man immer wieder heraus (insbesondere im rabiaten Vorgänger), ebenso den Umstand, dass viele Aufgaben auf einem Einzelnen lasten, der vom Songwriting bis zum Artwork in praktisch jeden Arbeitsschritt integriert ist. Und doch genügt ein kurzer Blick in die Arbeit, um der wabernden Atmosphäre zu verfallen, die nicht von ungefähr an die frühen Experimente eines STEVEN WILSON erinnern.
Wo sich nun die Menschen im Shanghai-Komplex versammeln, sammelt sich END TIME CHANNEL ebenfalls neu und baut eine frische Ladung auf, nachdem die Plasmakanone gerade abgefeuert wurde – und fast könnte man meinen, Fischer liegt das Zusteuern auf etwas besser als das Steuerziel selbst, denn "Shanghai Pulse" knüpft wieder vollkommen an die gelungenen ersten beiden Teile der Saga an.
Wiederum annähernd komplett instrumental, nur mit wenig Unterstützung von Sängerin Areeg Mulhi also, spricht die Musik für sich selbst. Passend zum Titel streuen sich die Klänge asiatischer Instrumente ein und versprühen exotisches Flair, ohne die universelle Ausweglosigkeit des Sounds, der sich aller Abwechlung zum Trotz inzwischen als typisch END TIME CHANNEL herausgestellt hat, zu überdecken.
Mit Obhut bedachter Atmosphärenaufbau trifft da auf Melodien, die sich, angefasst mit Samthandschuhen, aus dem weißen Rauschen schälen. Der Opener hypnotisiert beinahe, dann allerdings folgt ein kurzer Teil mit belanglosen Melodien, bevor die Platte strukturell songlastiger wird und mit griffigen Stücken aufwartet, die man im Kopf behält. Zwischendrin immerzu diese gar nicht klischeehaften Teile fernöstlicher Musik, die "Shanghai Pulse" seinen eigenen Charakter geben.
FAZIT: Aus der Distanz betrachtet womöglich sogar das beste Album von END TIME CHANNEL, das allerdings wie alle anderen zuvor mit Abnutzungserscheinungen vor allem beim Drumming zu kämpfen hat, die jedoch durch den kompositorischen Facettenreichtum Udo Fischers mehr als ausgebügelt werden. Zwar würde man keinen Pfifferling mehr auf ein originelles Ende der Reihe setzen, doch es gibt noch viel mehr Gründe, am Ball zu bleiben.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.06.2009
Areeg Mulhi
Udo Fischer (Alles), Marcus Michaely (Saxophon)
Selbstrelease
37:26
01.02.2009