Der Künstler lässt den „werten Musikmenschen“ ausrichten:
„Das Ziel des Georgio Farina LifeLine Projects ist ein urchristliches. Es gilt, mit Kraft und Mut positive Gegenpole zu schaffen. Kontraste zu einer Welt, die sich uns scheinbar ohne Alternativen zu Materialismus, Egoismus und Atheismus präsentiert. Ein dringend nötiger Veränderungsprozess, den Jedermann mit seinen Mitteln, mit seiner Kraft, mit seiner Profession voranbringen kann. Und die ganz große Stärke von Georgio Farina liegt nun mal in der Musik. Vornehmlich in der Rockmusik.“
Die Ausrichtung ist also klar; textlich erwartet uns gefühlige Seelsorgelyrik, Betroffenheitskitsch mit Vocoder, Lobpreisungen und Frohlocken en Gros. Eines der Highlights soll nicht vorenthalten werden; befindet es sich doch gleich dreimal auf dem Album: Auf Englisch, Deutsch und, wie zur Wiedergutmachung, rein instrumental: „Wenn es aber etwas anderes ist, als Liebe, bedingungslose allumfassende Liebe,
dann – um Gottes Willen –
dann scher dich zum Teufel – Teufel,
denn dann bist du nicht Gott,
denn Gott kommt von gut!“
Die Musik zu „Jesus In Tibet“ klingt wie SCHILLER im New Age-Tran, gepaart mit einem unangenehmen Schielen Richtung der brazzigen Ausbrüche MICHAEL JACKSONs in „They Don’t Care About Us“. Viel öfter noch fühlt man sich an frühere Werbehits für Langnese und Bacardi erinnert, bloß dass die ursprüngliche Werbebotschaft durch „Gott“ und „Jesus“ ersetzt wurde.
Das ist professionell eingespielt, klingt auch nicht schlechter als eine durchschnittliche Phil Collins-Platte. In den besten Momenten gibt es dezenten Soul-Pop-Jazz mit schlichten aber wirkungsvollen Melodien („Train To Heaven“); in den schlimmsten wird es zu Ohrenfolter; wie im knödelnde-Kinder-quälen-gebeutelte-Hörer-Schmachtfetzen „Tears Of A Heartbroken Child“.
Mit Rockmusik hat das Ganze wenig zu tun, auch wenn die ein oder andere Gitarre mal ein wenig stärker gezupft wird, ist und bleibt „Train To Heaven“ weichgespülter Konsensmuzak für den gesegneten Aufzug. Nur etwas für ganz Hartgesottene.
Davon, dass Farina seine „musikalische Karriere“ mit einer CREAM-Kassette und vor allem als LED ZEPPELIN-Fan begann und laut Biographie bei Amon Düül II spielte, ist kein Hauch mehr zu Hören.
Erweitert werden soll das Projekt noch durch musicalartige Aufführungen und vielfältige mediale Verwurstung, zählen doch auch Filmschaffende zum Umfeld Georgio Farinas.
Das Ziel hinter den ganzen Aktivitäten ist ein durchaus ehrenwertes: „Hilfe für Hispanola. [...] Aus den Gewinnen des Georgio Farina LifeLine Project, den Erträgen der Shows, der Ton- und Bild-Träger, wird ein bereits bestehendes Projekt, ein Dorf für hilfsbedürftige Kinder und deren Familien, ausgebaut und weiterfinanziert werden. [...] Nachhaltig helfen.“
Warum diese Aktion durch die Produktion einer so banalen wie schwer verdaulichen Gute-Laune-Mucke finanziert werden soll, weiß allein... wer auch immer.
FAZIT: Musik für die Party in der toleranten Teestube. Wer sich zwischen den LES HUMPHRIES SINGERS, der KELLY FAMILY und den seichtesten Phasen KOOL & THE GANGs (und nicht „Cool & The Gang“ wie auf der Myspace-Seite Farinas zu lesen ist) wohlfühlt, könnte am „Train To Heaven“ Gefallen finden. Man kann aber auch polnischen Punks im Jugendzentrum den Vorzug geben.
Punkte: 5/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.11.2009
Tobias Schwartz
Claudia Kane, Tom O’Malley, Lilly DeLuxe, Mani Gruber (bv), Ute Holzapfel (bv), Martina erl (bv), Mimi K. (bv)
Oswin Ottl, Didi Hoelsch, Mani Gruber
Georgio Farina
Andy Lind
Marion Dimbath (tb), Stephan Reiser (sax, clarinet), Reinhard Greiner (tp), Stefan Pintev (e-violin), Kai Taschner (Narrator), Donald Arthur (Narrator)
Lifeline/ Intergroove
73:19
27.11.2009