Von Neuerfindung ist immer die Rede, wenn es um das neue GLASS HAMMER-Album geht. Die Band im Kern auf einen Dreier komprimiert, den Stimmungsdimmer auf düster gedreht, den Prog modernisiert, den Symphos den Saft abgedreht. Mut gehört schon dazu, allem abzuschwören, was man früher alles an Phantasmen abgefeuert hat. Den braucht man allerdings auch, um im Hochwinter nackt über den Chattanooga Zoo zu rennen; wie empfehlenswert das ist, sei mal dahingestellt.
Es gab in der jüngsten Vergangenheit zwei Alben, die eine ähnliche Ausstrahlung hatten, wie “Three Cheers for the Broken Hearted” sie nun illuminiert. Die eine, “Pure” von PENDRAGON, schloss sich mehr oder minder erfolgreich an den PORCUPINE TREE-Zug an und brach gar nicht mal so ungeschickt mit seinen neoprogressiven Wurzeln, riss aber auch nicht gerade Bäume aus, da die Kompositionen zwar gefällig waren, dem allgemeinen Trend aber keine neuen Impulse verliehen.
Die andere hieß “Amor Vincit Omnia” und stellte das Ergebnis eines ambitionierten ProgRock-Senkrechtstarters namens PURE REASON REVOLUTION dar - meiner höchstpersönlichen Meinung nach eine mittelschwere Katastrophe, doch die genrefremden Ausflüge in schwer elektronische Gefilde ließen auch Anerkennung aufkommen und mancherorts sogar Begeisterung.
“Three Cheers” fühlt sich an wie eine Melange aus beiden. Der dunkle, böse Wald ist hergerichtet für ein atmosphärisches Motiv, an dessen statt stehen drei Stockfischgestalten verirrt wie Hänsel, Hans und Gretel vor Hexens Knusperhäuschen. Die Experimentierfreude ist den Songs nicht abzusprechen: vom Klavier bestimmte ABBA-Balladen wechseln sich ab mit Gitarren und Bassläufen nach PORCUPINE-TREE-zu-In-Absentia-Zeiten-Rezept (vgl- “The Lure of Dreams” und den Ausklang von “Hyperbole”), Radioakustikstimme mit redundantem Gebrabbel auf sich wiederholenden OZZY OSBOURNE-Hard Rock-Riffs gebettet inklusive. Bandbreite Deluxe möchte man das nennen, die Wahrheit liegt aber wohl eher darin, dass in der Breite des Bands die Übersicht verloren gegangen ist.
So ehrenwert nämlich die Parole “Widerstand versus Stillstand” sein mag, organisch sollte die Soundrenovierung schon sein. “Three Cheers” wirkt wie gewollt und nicht so richtig gekonnt. Das Pendeln des Albums zwischen Pfützen der Klasse, Seen der Konventionalität und Meeren des nichtsgebenden Leerlaufs ist nahezu als surreal zu beschreiben. Lässt man sich von den Irrlichtern des Sirenenwohlklangs der Mann-Frau-Chöre nicht blenden, die das bizarre Bild von Steve Babb mit dem Körper von Arielle der Meerjungfrau erzeugen, blickt man auf die leere Fläche des nicht allzu tief liegenden Bodens einfacher Handmade-Popsongs mit partikularer Metal(l)verkleidung.
Um das FAZIT kurz zu halten: Mit “Three Cheers for the Broken-Hearted” zeigen GLASS HAMMER zweifellos ein großes Herz. Doch es ist kaputt.
Erhältlich über www.justforkicks.de
Punkte: 4/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.12.2009
Steve Babb
Susie Bogdanowicz (Hauptgesang), Steve babb, Fred Schendel
Fred Schendel, Josh Bates, Steve Babb, David Wallimann, Josh Bates
Steve Babb, Fred Schendel
Fred Schendel
Fred Schendel (Horns, Mellotron, Cello), Steve Babb (Bubbles, Filters, Sales-Pitch)
Sound Resources
51:49 Min.
13.11.2009