Das Mauer-Cover ist nicht besonders ansehnlich, beim Blick hinter die Kulissen passt es aber ziemlich gut zu dieser musikalischen Zeitreise ins Berlin Mitte der Achtziger Jahre. Dort fand sich 1986 eine Formation unter dem Namen HEARTLYNE (zusammengesetzt aus den beiden Bandköpfen), die in der damaligen, lokalen Hardrock-Szene einigen Staub aufwirbeln konnte. Bevor es jedoch zu einer Veröffentlichung des gemeinsamen Schaffens kommen konnte, trennten sich die Wege bereits wieder. Einige der Protagonisten machten später anderweitig von sich reden - vor allem natürlich Sänger Tommy Heart bei V2, ZENO und FAIR WARNING - bevor man letztlich größtenteils wieder zusammenfand, um die gemeinsame Karriere seit 2000 als SOUL DOCTOR weiterzuführen. Und nun hat man in Gedenken an die alten Zeiten kürzlich in den Archiven gekramt und dabei ein damals im Jahre 1987 fertiggestelltes Album hervorgeholt, das jetzt erstmals zu offizielle Ehren kommt.
Der zeitliche Ursprung von "No Retreat No Surrender", das bestens die ersten Schritte der heute bekannten Musiker dokumentiert, ist dann auch nicht zu verhehlen. Der keyboard-schwangere Hardrock mit zum Teil starkem Hang zum AOR liegt deutlich im Fahrwasser von damals recht erfolgreichen Bands wie TREAT (zu "Dreamhunter"-Zeiten) oder erinnert gerade auch durch den (zu klinischen) Sound an die heimischen Kollegen von CRAAFT; besonders der Titelsong lässt etwa an deren Debüt (aus dem selben Jahr) denken.
Von den heutigen Qualitäten, wie man sie mittlerweile mit SOUL DOCTOR, aber auch mit FAIR WARNING zu bieten hat, ist man trotz kleiner Ohrwürmer wie "Starlight" und einiger genehmer Heavy Rocker ("Sacred Heart") noch ein ganze Ecke entfernt - Tommy Hearts Stimme ist etwa noch nicht annähernd so markant wie heutzutage - zumal es zwischenzeitlich mit Nummern wie "Broken Promises" oder "Don`t Walk Away" schon mal arg poppig wird und es auch Langweiler wie "Empty Eyes" zu überstehen gilt. Wirklich spannend ist das Album auf Dauer daher auch nicht, ein charmanter Blick zurück ist es aber allemal.
FAZIT: Ob eine Veröffentlichung dieser Aufnahmen aus musikalischer Sicht nach 23 Jahren viel Sinn macht, sei mal dahingestellt, und die Benotung ist auch nach heutigen Maßstäben und ohne Geschichts-Bonus zu sehen. Für Nostalgiker, Sammler und langjährige bzw. heutige Fans der beteiligten Musiker hat das Album allerdings einen unbestreitbaren Reiz.
Punkte: 7/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 05.07.2009
Jogy Rautenberg
Tommy Heart
Chris Lyne, Claus Johannsohn
Alexander Strauch
K.K. (Karsten Krause)
Yesterrock/NL Distribution
51:24
03.06.2009