Nicht gerade euphorisch-optimistisch startet das neue Opus des ergrauten Kämpen: Der Opener, eine betont melancholische Ballade mit Pedal Steel und Kontrabass, lässt sich ausgerechnet über Graberde (!) aus. Das flotte Gegenstück folgt dann unmittelbar mit dem Rock’n’Roller „Big Old River“.
Ein ähnlich abwechslungsreiches Album wie schon der Vorgänger „Unfinished Business“ (2003) hat McCullough, der irische „musician’s musician“ (spielte u. a. als Lead-Gitarrist bei Joe Cockers GREASE BAND, bei Paul McCartneys WINGS) und Singer/Songwriter, nach längerer Pause wieder hingekriegt. Sicher ist seine etwas nölige Stimme nicht jedermanns Sache, aber sie hat auch einen charmanten Wiedererkennungsfaktor. Und sein exquisites Gitarrenspiel – vor Jahren wurde die Spielhand durch einen Unfall schwer verletzt – entzückt noch immer: McCullough ist kein Schnelligkeitsfanatiker, stattdessen setzt er sein solistisches Können ganz gezielt, song-dienlich eben, ein. Hie und da vertraut er bei diesem Album auch auf die Unterstützung von jungen Saitenkünstlern. Sein langjähriger Duo-sidekick James Delaney, sowie Co-Producer Enda Walsh, zeichnen für die angenehm sparsamen und transparenten Arrangements verantwortlich. Sie sind den eher einfach strukturierten Songs, z. B. dem seiner Heimatstadt gewidmeten Blues „Belfast Train“ oder dem balladesken „Fix Me Up Jesus“, sehr angemessen. Die schlichten Melodien schleichen dem Hörer nicht sofort ins Ohr, entfalten dann aber wie beim Titelsong eine fast schon hypnotische Wirkung. Die stilistische Vielfalt belegen Stücke wie das jazzige „I’ve Got A Secret“, seine Folk-Vergangenheit wird in „Too Late To Worry“ und in „Time To Put The Snakes To Bed“) beschworen, und DIRE STRAITS-Fans könnten sich in „Skin & Bone“ verlieben. Bis auf einen stammen alle Songs von McCullough und bisweilen seinem Co-Autoren, dem HORSLIPS-Drummer Eamon Carr, der sich inzwischen auch als Lyriker einen Namen machen konnte. Die „Zartbitter“-Ballade „Walk With Me“ steuerten die Murphy-Brüder von THE 4 OF US (in Irland ganz groß!) bei.
FAZIT: Wie sagt man so schön: ein reifes und passioniertes „Alterswerk“, souverän eingespielt und irgendwie zeitlos. Wann kommt Henry endlich mal wieder hier auf Tour?!
Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.04.2009
Roe Butcher, Nicky Scott
Henry McCullough
Henry McCullough, Declan Murphy, Paddy Goodwin
James Delaney, Enda Walsh
Aidey McIlduff, Peter McKinney
Percy Robinson (Dobro, Pedal Steel)
There Wolf Productions
42:51
30.01.2009