HOURGLASS melden sich fünf Jahre nach ihrem zweiten Album „Subconscious“ wieder! Die Amerikaner hatten mit ihrer letzten Scheibe einiges an guter Kritik eingeheimst, von Retrofans bis hin zu Headbangern – für jeden war etwas dabei. Nun kehren sie wieder, und das mit einem epochalen Paukenschlag, dem sie den seltsamen Namen „Oblivious to the Obvious“ gegeben haben.
Zahllose Reviews in einschlägigen Webzines sprudelten über vor Enthusiasmus. HOURGLASS sind in den Augen vieler Fans derzeit wohl DIE Hoffnungsträger in Sachen Progmetal. Aber schon bei Letzterem – nämlich beim Wort „Metal“ – muss der erfahrene Hörer unweigerlich rebellieren. Denn die Menge an metallischen Riffs macht nur einen Bruchteil von der Gesamtmasse dieses überwältigend riesigen Doppel-CD Werkes aus. HOURGLASS schwimmen lieber in „seichteren“, allerdings nicht weniger komplexen Gewässern. Sympho Rock, Neoprog, Retro, ja sogar Funk, Jazz und Ambient lassen grüßen. Das sorgt für Abwechslung und sollte eigentlich ein Garant dafür sein, dass das Album nicht allzuschnell langweilig wird.
Wird es aber. HOURGLASS haben ohne Zweifel spieltechnisch einiges auf dem Kasten, aber wenn es darum geht, Songmaterial in einer bestimmten Spielzeit effektiv aufzuteilen, gehen die Jungs ziemlich schnell baden. „Homeward Bound“ als Beispiel: eine Ballade, die man auf fünf Minuten locker hätte abhandeln können. Stattdessen wird das Teil auf zehn Minuten ausgewälzt, womit unnötigerweise die Laufzeit deutlich gestreckt wird. Und so funktionieren eben auch sämtliche Kompositionen des Albums – die Band verheddert sich in ihr eigenes Konzept, wobei besonders die „Epics“ eindeutig zu lang geraten sind.
Positiv dagegen fällt „38th Floor“ auf, welches funkig beginnt, in ein rasendes Frickelspektakel mündet, nur um kurz darauf drei Gänge herunterzuschalten und wunderbar meditativ-besinnlich zu werden. In dieser Weise hätten sie ihre Ideen komprimieren müssen.
Doch leider müssen auch von der Gnadennote 11 einige Pünktchen abgezogen werden. Gerüchte, dass die Amerikaner wirklich die Szene erneuern könnten, sind schlicht und einfach Pustekuchen. „Oblivious to the Obvious” ist sicher ein Album geworden, das Fans zufriedenstellen wird. Doch die Musik von HOURGLASS weckt einfach zu viele Erinnerungen an andere Bands. Von den typischen DREAM THEATER-Vergleichen, bis hin zu Ähnlichkeiten mit FATES WARNING, KANSAS, RUSH oder SPOCK’S BEARD findet man nicht ein Körnchen Neues. Progressive Rock ja, aber progressive im eigentlichen Sinne ist hier kaum bis gar nicht existent.
Hinzu kommt unglücklicherweise der etwas pappige Sound der E-Gitarre, der (bei mir persönlich zumindest) einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt. Naja...
FAZIT: Man muss wohl oder übel all den Optimisten den Wind aus den Segeln nehmen: HOURGLASS sind gut, bringen aber keine neue Inspiration in die Progmetal-Szene. „Oblivious to the Obvious” ändert nichts an dieser Tatsache, trotz seiner beachtlichen Spiellänge von über zwei Stunden. Die fünf Amerikaner haben Qualitäten, es gibt einige nette Ideen, es gibt verspielte Instrumentals und halsbrecherische Momente, aber das reicht eben nicht für ein Magnum Opus, wie viele es sich vorgestellt haben. Nun, ich will mal nicht so sein. Seht es als eine gute Neun und als einen Geheimtipp für Prog-Freunde, bei HOURGLASS einen Hördurchgang zu riskieren.
Erhältlich bei www.justforkicks.de
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.03.2009
Eric Blood
Michael Turner, Eric Blood
Brick Williams
Jerry Stenquist
John Dunston
Eigenverlag / Just for Kicks
139:43
06.03.2009