Die Briten INME veröffentlichen mit „Herald Moth“ bereits ihr viertes Album und können im Heimatland sogar einige Chart-Einstiege vorweisen, sind aber hierzulande wohl eher weniger bekannt. Vielleicht auch aufgrund der Tatsache, dass die Band desöfteren vorschnell in diverse „Nu“- oder „Emo“-Schubladen gesteckt wurde. Zumindest auf dem aktuellen Album greifen solche Kategorien nicht. Die Mischung aus rotzigem, kraftvollem Alternative Rock, hymnischen Refrains und progressiven Einschüben erinnert eher ein wenig an COHEED AND CAMBRIA. Deren magische Ausstrahlung, Epik und Hitqualitäten erreicht man zwar nicht, aber schließlich sind INME auch kein Klon, sondern gehen stellenweise deutlich technischer und auch experimenteller zu Werke. So wechseln sich heftige und vertrackte Riffs mit ruhigen, stellenweise fast poppigen Klängen ab und werden immer mal wieder durch dezente Elektroniksounds und Keyboards unterstützt, die sich jedoch erstaunlich nahtlos einfügen. Für zusätzliche Eigenständigkeit sorgt Sänger Dave McPherson, der manchmal wie eine Mischung der Sänger von THE CURE und DEXYS MIDNIGHT RUNNERS („Come On Eileen“) klingt. Zwar wirkt er ein wenig limitiert in Stimmumfang und Ausdrucksform, dabei aber immer sehr authentisch, und gerade seine Melodien und eingängigen Refrains sorgen dafür, dass die Songs trotz teilweise sperriger Gitarrenparts relativ schnell zünden.
Das Album beginnt gleich mit einer Breitseite, jeder der ersten drei Songs weiß zu begeistern, klingt mitreißend und ist ein kleiner Hit. Anschließend schiebt man zur Entspannung mit „All Terrain Vehicle“ eine mit Hilfe von Klavier und Streichern leicht bombastisch gestaltete Ballade ein (zu der sich im weiteren Verlauf mit „I Will Honour You“ noch ein ähnlicher Track gesellt). Über das ganze Album kann man das Niveau nicht immer halten, manchmal wirken INME nicht fokussiert genug. So scheinen einige instrumentale Spielereien und Gitarrenfrickelparts manchmal eher um ihrer selbst Willen eingebaut worden zu sein und lassen einige Songs etwas wirr erscheinen. Andererseits gibt es dadurch auch nach zahllosen Durchgängen gerade für Technikfreaks immer noch etwas zu entdecken, und trotzdem bieten fast alle Nummern immer wieder eingängige Mitsing-Passagen. So gibt es dann auch noch einige weitere Höhepunkte, wie etwa „The Art Of Moderation“ oder das großartig betitelte „Happy To Disappoint You“. Sehr packend, wie Dave McPherson hier aus ganzem Herzen „I’m happy to disappoint you, that’s what I always do!“ schreit.
FAZIT: Auch wenn an einigen Stellen weniger mehr gewesen wäre, INME legen mit „Herald Moth“ ein wirklich gutes Album vor. Liebhaber progressiver Klänge abseits der ausgetretenen Pfade, die keine Berührungsängste mit modernem Rock haben und trotz technischer Spielereien auch gerne mitsingen wollen, dürfen sich angesprochen fühlen.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.10.2009
Greg McPherson
Dave McPherson
Dave McPherson, Ben Konstantinovic
Simon Taylor
Superball Music
53:20
16.10.2009