Die Konzerte der sehr tourfreudigen Prog-Rock-Größe waren ja schon immer sehr hochwertig, aber was KANSAS anlässlich ihres 35jährigen Jubiläums im Februar diesen Jahres im heimatlichen Topeka in der 'White Concert Hall' aufgeführt haben, war besonders opulent. Das Washburn University Orchester wurde an diesem besonderen Abend mit auf die Bühne gebeten, um dem Konzert zusätzliche symphonische Tiefe zu verleihen. Was bei anderen Bands schon mal zu zwanghaft und aufgesetzt wirkt, macht bei KANSAS mehr als Sinn, schließlich war es von jeher das Markenzeichen und die Besonderheit dieser Band, Rocksongs mit Klassikelementen, wie der Violine als festen Bestandteil, zu vermischen. Und so wurde es eine äußerst stilvolle Veranstaltung, die zudem noch mit weiteren Besonderheiten aufwarten konnte.
Die kurzen Impressionen über die Vorbereitungen zum Konzert zur Einleitung noch in Schwarz-Weiß-Bildern, zeigt sich die Show selbst um so farbenprächtiger. Sowohl die Bühne, wie auch das gesamte bestuhlte Theater erstrahlen im stimmungsvollen Licht, und die ganze Atmosphäre ist tatsächlich äußerst feierlich. Da ist es zwar recht ungewöhnlich, aber dennoch ziemlich passend, dass das Publikum den Großteil der Show tatsächlich im Sitzen genießt und sich größtenteils nur zu den besonderen Momenten und zum Applaus für die Songs von ihren Plätzen erhebt.
Der noch zurückhaltende Einstieg "Howling At The Moon" geht über in das verspielte "Belexes", in dem jeder der in Würde und ohne Verlust der künstlerischen Kraft gealterten Musiker Gelegenheit findet, sich instrumental vorzustellen. Eine besondere, aber KANSAS-typische Rolle kommt dabei wie gewohnt der Violine des sichtbar gut gelaunten David Ragsdale zu, der Original-Fiedler Robbie Steinhardt seit einigen Jahren wieder und nun wohl endgültig ersetzt hat.
Mit "Point Of Know Return" folgt bereits der erste große Klassiker und davon finden sich selbstredend noch diverse weitere im Programm, wie etwa "Song For America" (ebenso wie "Icarus" mit eingeblendeter, cineastischer Untermalung des Songthemas) oder das eindringliche "Hold On". Langjährige Fans werden aber auch durch rare Köstlichkeiten wie "Fight Fire With Fire" und "Musicatto" verwöhnt, die die Band laut eigener Aussage noch nie live gespielt hat. Zu letzterem gesellt sich dann auch der heutige DEEP-PURPLE-Gitarrist Steve Morse auf die Bühne, um mit den früheren Bandkollegen ein instrumentales Intermezzo zu geben. Das folgende "Ghosts/Rainmaker" bereichert er dann ebenfalls noch mit einem Solo und bei "Hold On" ist dann die Zeit für einen weiteren Stargast: KANSAS-Urgestein Kerry Livgren, der lange Phasen der Bandgeschichte als Gitarrist mitgeprägt hat, aber seit längerem aus gesundheitlichen Gründen kürzer tritt.
Der instrumentale, progressiv-verspielte Anteil ist bei KANSAS bekanntermaßen sehr hoch, und das im Rückraum der Bühne erhöht positionierte Orchester verleiht jedem Handstreich der Band zusätzliche symphonische Breite oder übernimmt dabei auch schon mal das Präludium für die Songs. Um so wertvoller ist gleichzeitig der prägnante Gesang von Keyboarder und Hauptsänger Steve Walsh, und der ist trotz seiner zum Teil recht angestrengten Mimik auch heute noch hervorragend bei Stimme; nicht nur beim grandiosen "Hold On" läuft er zur Höchstform auf. Dennoch darf wie etwa bei "Cheyenne Anthem" oder "Miracles Out Of Nowhere" auch Basser Billy Greer im Wechsel mit Walsh mal länger Beweis über seine Gesangsqualitäten ablegen. Und für die Ansagen ist er sowieso zuständig.
Die beiden größten Hits bewahrt man sich bis zum Ende auf: Das in blaues Licht getauchte "Dust In The Wind" - nochmal mit den beiden Gästen und Steve Morse dabei als Streicher - genießt das anfangs jubelnde Publikum fast ergriffen innehaltend und an den feinfühligen Klassiker dürfte auch so mancher Hörer und Zuschauer vor dem Fernseher einige persönliche Erinnerungen knüpfen. "Carry On Wayward Son", mit dem das Konzert dann ausklingt, ist ein nicht viel weniger geschichtsträchtiger Beweis dafür, dass die Band trotz ihrer anspruchsvollen Songstrukturen auch immer das Mainstream-Publikum anzusprechen wusste.
Ganz ist die DVD aber doch noch nicht zu Ende: Mit dem siebeneinhalbminütigen "Down The Road" findet sich noch ein Bonustrack. Ohne Publikum aufgezeichnet, vermutlich während der Generalprobe, bietet der 'Afternoon Jam' noch mal feine Duelle der Instrumentalisten, schließlich muss man die Gunst nutzen, wenn man die beiden Ex-Gitarristen schon mal an seiner Seite hat.
Das Konzertereignis erscheint in drei Editionen: als einfache (hier besprochene) DVD, als Doppel-CD und als limitierte Version, in der beides enthalten ist. Bild und Ton (5.1 und DTS) der Disc sind zeitgemäß, über die sonstige Aufmachung lässt sich aufgrund der vorliegenden Promoversion keine Aussage treffen.
FAZIT: Prachtvolles zum Jubiläum. KANSAS lassen nachträglich an einem noblen Auftritt teilhaben, der die anspruchsvollen Sinne des Musikfreundes anspricht. Da macht sich zur Feier des Tages auch beim Rockfan eine gute Flasche Rotwein als Aperitif bestens neben der DVD im Einkaufswagen.
Gastmusiker:
Kerry Livgren – Gitarre
Steve Morse – Gitarre
Washburn University Orchestra
Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.10.2009
Billy Greer
Steve Walsh, Billy Greer, David Ragsdale
Richard Williams
Steve Walsh
Phil Ehart
David Ragsdale (Violine)
Inside Out
111:48
16.10.2009