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Katatonia: Night Is The New Day

Stil: Doom / Dark Rock

Cover: Katatonia: Night Is The New Day

Vom Doom/Death-Triumvirat der frühen Neunziger, dem KATATONIA zusammen mit MY DYING BRIDE und PARADISE LOST angehörte, soll an dieser Stelle nicht viel geschrieben werden. KATATONIA haben sich seit ihren frühen Anfangstagen weiter entwickelt und sollten mit ihrem modifizierten Sound in der Vergangenheit nur die Scheuklappenträger vor den Kopf gestoßen haben.

Das achte Album der Band wurde bis auf das Schlagzeug in den „Ghost Ward Studios“ aufgenommen, die mit einer „inspirierenden“ Atmosphäre aufwarten konnten, so man den Worten Anders Nyströms Glauben schenken mag: „Zerbrochenes Glass, Blut an den Wänden neben der Eingangstür des Gebäudes und bedrohliche Botschaften an den Fahrstuhl geschmiert –Exkremente und Urin auf dem Boden im Erdgeschoss lassen einen darüber nachdenken, ob der Hausverwalter nicht ein Serienkiller ist“.

Dass an solchen Orten keinen Sonnenschein-Musik entsteht, ist logisch und auch gut, denn „Night Is The New Day“ ist ein Kleinod finsterer, klischee- und kitschfreier Düsterkost, die mit ihrer Intensität so ziemlich jedes Heile-Welt-Geplätscher zur vollkommenen Nichtigkeit degradiert. Schon der Einstieg „Forsaker“ reißt mit einer Mischung aus ruhigen OPETH („Windowpane“) und gnadenlosen, doomigen Gitarrenexplosionen einfach mit – bei Romanen spricht man in diesem Zusammenhang neudeutsch wohl von einem „Pageturner“, denn der Drang das neue KATATONA-Album sogleich in seiner Gänze erfassen zu wollen, steigt sogleich beängstigend an.

Härte ist für „Night Is The New Day“ keine bloßes Mittel zur Auslösung hartmetallischer Schlüsselreize, sondern nur ein Gewürz von vielen, das gemeinsam mit einer Vielzahl weiterer Zutaten erst ein Emotionsbouquet erschafft, das KATATONIAs Musik zu dem authentischen Gefühlstrip macht, nach dem es den Liebhaber dunkler, tiefer Klänge stets gelüstet. Geisterhafte, niemals aufdringliche Keyboards schweben durch die Landschaft, urbaner Post Rock lässt die Moderne fühlbar werden, ohne sich an eben jene anzubiedern und auch lockere Rhythmen von folkiger Leichtigkeit, die wie Licht im allgegenwärtigen Zerfall den Weg leiten, haben auf diesem spannenden Album ihre Berechtigung.

Über all dem schwebt Jonas Renkses klare Stimme, die mit genau der richtigen Mischung aus Trauer, Resignation und dem Funken Hoffnung, der die Musik der Schweden erst glaubhaft macht, die elf Hymnen mit schwebender Traumhaftigkeit anführt. Und wer bei dem ergreifenden Finale dieses zutiefst intensiven Albums keine Gänsehaut bekommt, sollte mit seiner Gefühlsunfähigkeit schnellstens einen Arzt aufsuchen.

FAZIT: KATATONIA liefern mit „Night Is The New Day“ vielleicht das bewegendste Album ihrer Bandgeschichte ab. Diese elf introvertierten Hymnen sind eine Ode an die Einsamkeit zwischen nächtlich-grauen Betonfassaden einer sterbenden Stadt, sind Katalysator für Verzweiflung und Multiplikator für Wärme und Geborgenheit gleichermaßen. Kann Musik mehr bieten?

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.10.2009

Tracklist

  1. Forsaker
  2. The Longest Day
  3. Idle Blood
  4. Onward Into Battle
  5. Liberation
  6. The Promise Of Deceit
  7. Nephilim
  8. New Night
  9. Inheritance
  10. Day & Then The Shade
  11. Departer

Besetzung

  • Bass

    Mattias Norrman

  • Gesang

    Jonas Renkse

  • Gitarre

    Anders Nyström, Fred Norrman

  • Schlagzeug

    Daniel Liljekvist

Sonstiges

  • Label

    Peaceville Records / Edel

  • Spieldauer

    48:53

  • Erscheinungsdatum

    06.11.2009

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