„Exodus“ ist das siebte Album NATHAN MAHLs seit Gründung der Band 1981. Das achte, wenn man den empfehlenswerten Live-Output vom „Nearfest 1999“ mitrechnet. Mehr als fünf Jahre sind vergangen seit der Veröffentlichung von “Shadows Unbound”. Das aktuelle Album hatte also Zeit zu wachsen – und Verwirrung zu stiften, wenn man sich die im Netz kursierenden Besetzungslisten ansieht: mal wird Tristan Vaillancourt als Gast aufgeführt, mal David Campbell – und die hat die kanadische Band um Guy LeBlanc herum genutzt, ein ausgereiftes Werk zu präsentieren. Konzeptionell beschäftigt sich „Exodus“ mit dem gleichnamigen Buch Moses. „Loosely based on the book in the Bible“, benennt es die Band selbst, übergreifendes Thema ist die Sehnsucht nach Erlangung der Freiheit.
Musikalisch bewegen sich NATHAN MAHL stilsicher zwischen Jazzrock mit Canterbury-Prägung, komplexem Progressiv Rock, der ab und an härtere Töne anschlägt, ohne jedoch Songdienlichkeit und das Gespür für schmerz- und kitschfreie Melodien aus den Augen zu verlieren. In „Down From the Mountain“ gibt es gar zappaeske Momente. Die Band besitzt den Mut und das Geschick zu experimentieren, ohne sich selbst aus den Augen zu verlieren. Nichts ufert aus, die Songs haben für diese Art von Musik relativ kompakte Längen zwischen knapp drei und siebeneinhalb Minuten. Obwohl die Keyboards eine prägnante Rolle spielen, kommen auch die von Gitarren beherrschten Passagen nicht zu kurz. Das gilt sowohl für die Exkursionen in härtere Gefilde, wie die stimmungsvollen akustischen Parts.
Gesanglich haben LeBlanc und seine Mitstreiter ordentlich zugelegt und liefern eine, wenn auch nicht überragende, so doch durch die Bank saubere Arbeit ab. Zu Beginn entsteht sogar kurz der Eindruck, als hätte Rodger Hodgson dem „Burning Bush“ einen Besuch abgestattet. Doch alle Vocals sind hausgemacht.
Eigentlich müsste „Exodus“ einer breiten Heerschar von Musikliebhabern mit Vorlieben zwischen Supertramp und Enchant ein breites Grinsen ins Gesicht zaubern.
FAZIT: „Exodus“ ist eine rundum stimmige Angelegenheit. Kompakt und komplex zugleich, gibt es genügend Raum für Soli und instrumentelle Gruppeneskapaden. Doch entsteht daraus kein „L’àrt pour L’art“, der Charakter der jeweiligen Songs bleibt stets im Vordergrund. Es geht jazzrockig mit moderater Härte und feinen Einsprengseln auf der Violine zur Sache („The Plagues“), bietet aber ebenso lyrische Momente zum Zurücklehnen und genießen („The Parting“, „40 Years“, „Zipporah’s Farewell“). Einfallsreich, sympathisch und gekonnt spielen sich NATHAN MAHL durch symphonischen Prog, Folk, Fusion, Reminszenzen an Frank Zappa, Hard Rock und Canterbury Leichtigkeit. Und schaffen es gleichzeitig, ein in sich schlüssiges Werk zu präsentieren. Selbst für Verächter biblischer Geschichten eine Sünde wert.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.02.2009
Guy Dagenais
Guy LeBlanc, Guy Dagenais, Alain Bergeron, David Campbell
Guy LeBlanc, Guy Dagenais, David Campbell, Tristan Vaillancourt
Guy LeBlanc, David Campbell
Alain Bergeron
Guy LeBlanc, Guy Dagenais, Tristan Vaillancourt, David Peterson
Digital Unicorn
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15.12.2008