Ed Wood war in den Fünfziger Jahren der König (manchmal, wenn er rosa Angorapullis trug, die Königin) des Trashfilms. Das ist ein Status, den man durchaus nicht einfach so zugesprochen bekommt: Man muss zwar handwerklich ein Totalversager sein, aber zumindest mit dem Herzen am Medium hängen, es lieben und ehren und dementsprechend enthusiastisch ans Werk gehen. Kurz gesagt, Ed Woods Hirn sprudelte über vor lauter Ideen, doch wie sollte er bloß seinen Kopf knacken und an das fruchtbare Innere gelangen?
Andrea Haugen, ehemals bei AGHAST und HAGALAZ’ RUNEDANCE beschäftigt und heute in eigener Mission unter dem Pseudonym NEBELHEXE unterwegs, erinnert in einiger Hinsicht an Ed Wood. Nicht, dass man ihr neues Album “Dead Waters” unbedingt als Trash bezeichnen würde, doch den naiven Enthusiasmus nimmt man ihr ab. Immerhin quellen da in einer Blase aus Dark Pop, Wave und Ambient Soundscapes zehn durchaus hübsche Ideen an die Oberfläche.
Das Problem ist, zwangsläufig müssen die Songideen nun mal in verwertbare akustische Signale umgewandelt werden. Nun mögen die Hände einer NEBELHEXE zum Besenreiten geeignet sein und ihre Stimme als Lockbote Hänsels und Gretels dienen, das Musizieren führt jedoch wenigstens im Fall von “Dead Waters” zur vollständigen Banalisierung prinzipiell durchaus brauchbaren Songwritings.
Die ausdruckslose, affektierte Stimme Haugens stößt da auf wavige Reminiszenzen an die 80er Jahre, die von tribal-artigen Drums angetrieben werden, die synthetischer und schwachbrüstiger kaum klingen könnten. Viele Songs (vor allem “Skindeep”) arbeiten mit repetitiven Grundmustern, die so etwas wie eine hypnotische Stimmung erzeugen sollen, in Wirklichkeit aber einfach nur schrecklich nichtssagend klingen. Das Titelstück von “Dead Waters” ist strukturell gesehen das songdienlichste und möchte mit orientalischen Einflüssen herausstechen, doch tatsächlich ist das ambientlastige “In My Dreams I Am Free” der heimliche Höhepunkt des Albums. Zwar klischeebelastet, versteckt sich in dem von Regeneffekten und Synthesizermauern bestimmten, durch verträumten Sprechgesang untermalten und von Percussion befreiten Stück so etwas wie der einzige Glückstreffer, der in seiner Mischung aus AKIRA YAMAOKAs “Silent Hill”-Soundtracks, MOGWAI-Hintergründen und den sehr frühen PORCUPINE TREE-Werken deutlich herausragt. Was um diesen klar stärksten Beitrag herum aufgebaut wird, entpuppt ihn letztlich als glücklichen Zufallstreffer. Dass zum Ende des Albums hin mal endlich Gitarren eingesetzt werden (obwohl ich der Letzte bin, der in einem solchen Album unbedingt Gitarren braucht), macht es eher schlimmer als besser, denn es ist eine Schande, wie würdelos das Instrument im Hintergrund verwaschen wird.
FAZIT: Um Atmosphäre bemühte Musik, die aber dermaßen inhaltsleer ist, dass nicht eine einzige Makrobe in ihrem Vakuum überleben würde. Die interessanten, auf Abwechslung bedachten Ansätze in allen Ehren, aber es gehört schon auch dazu, die Musikerseele ins Handwerk zu legen. Sie bloß im Kopf zu tragen, reicht nicht aus.
Punkte: 4/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.04.2009
Andrea Haugen
Andrea Haugen (Alles)
Amber Autumn / Candlelight Records
41:14
04.05.2009