Der gleiche Look, die gleiche Musik, die gleichen sinnlosen Songtitel und der gleiche Spaßfaktor. Was nach einem OZRIC TENTACLES-Ableger aussieht, ist in Wirklichkeit eine belgische Spacerock-Formation, die sich nach einem Rechtschreibfehler im Wort „Fantasy“ benannt hat: QUANTUM FANTAY.
Ihre dritte Studioplatte mit dem zungenbrechenden Titel „Kaleidothrope“ folgt unverholen dem Pfad der britischen Kult-Spacerocker. Es ist zu 100% instrumental, wobei fast alle Songs auf demselben Prinzip aufbauen: Blubber-Synthies, darunter ein mörderischer Groove und über allem thront das solierende Gitarren-Keyboard-Geschwader. Die Einflüsse sind unverkennbar, HYDRIA SPACEFOLK, HAWKWIND und die OZRICS grüßen an allen Ecken und Enden.
Während einer längeren Autofahrt, bei der „Kaleidothrope“ auf Heavy-Rotation lief, fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen bzw. Ohren. Als großer Fan der englischen Tentakel-Rocker musste ich zwar eingestehen, dass die letzten paar Studioalben (namentlich „The Floor’s too Far Away“ und „Yum Yum Tree“) Fehlgriffe waren, aber dafür sollte es nun QUANTUM FANTAY geben! Ed Wynne’s virtuelle Nachfolger! Die Belgier gehen wesentlich stringenter und zielstrebiger zu Werke, die Songs haben teilweise richtigen Hardrock-Charakter („Frou Frou“, „Moving Circles“), die Querflöte schiebt sich mehr in den Vordergrund und – was man bei den OZRICS in letzter Zeit vermisst hat – es wirkt in der Gesamtheit atmosphärischer, die Band spielt mit Druck („Into the Deep“, was für ein Groove-Juwel). Die Gitarren- und Keyboardsoli mutieren nicht zu monochromen Shredding, sondern sind songdienlich in die Strukturen eingebettet.
QUANTUM FANTAY spielen letzten Endes zwar auch „nur“ altbewährten Spacerock mit Dub-, Elektro- und Ethnoeinflüssen, aber dafür mit einer Qualität, welche derzeit wohl von den wenigsten Bands erreicht wird.
FAZIT: Hier stehen sie, die Nachfolger der einstmals so unantastbaren OZRIC TENTACLES. QUANTUM FANTAY haben ihre großen Vorbilder in Punkto Abwechslung und Power eingeholt und gelten deshalb schon seit ihrem Erstling „Agapanthusterra“ als Geheimtipp für Spacerock- und Psychedelicfreaks. Der geneigte Hörer findet gewohnte Zutaten: Sequenzer, Synthies, viele Keyboardklänge, wunderbare Gitarrenläufe und punktgenaues Schlagzeug- und Bassspiel. Dafür gibt es natürlich auch keinen Gesang, was die Songs auf „Kaleidothrope“ zwar gleichförmiger macht, aber dem Fluss des Albums nur gut tut.
TIPP: Es gibt eine limitierte Special-Edition (Auflage 1000 Stück!), bei der eine Bonus-DVD mit Namen „Tales of the Old Fishing Mine“ enthalten ist. Die DVD erhält sattes Fanmaterial, darunter eine Dokumentation der Studioaufnahmen zu „Kaleidothrope“, eine komplette Aufnahme eines Konzertes in Belgien und einer Tourdokumentation. Die Sprachen sind scheinbar nicht frei auswählbar, es wird hauptsächlich auf belgisch gesprochen. Das Bild ist zudem seltsam unscharf, es wirkt eher wie ein professionell gemachter Bootleg, was besonders beim Konzertteil negativ auffällt. Die limitierte Auflage ist somit speziell für Fans gedacht, die diese fünf Chaoten näher kennenlernen wollen...
Erhältlich bei www.justforkicks.de
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.06.2009
Wouter De Geest
Dario Frodo
Pieter van den Broeck
Gino Verhaegen
Karel Slabbaert (Querflöte)
Shiver Records / Just For Kicks
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01.05.2009