Zurück

Reviews

Rammstein: Liebe ist für alle da

Stil: Metal/Industrial

Cover: Rammstein: Liebe ist für alle da

Die RAMMSTEIN-Alben „Mutter“ und mit Abstrichen auch “Reise, Reise“ gehören für mich zu den musikalisch besten und innovativsten Alben, die in Deutschland im Bereich Harter Rock/Metal bisher veröffentlicht wurden. „Rosenrot“ war qualitativ schon ein ziemlicher Rückschritt gegenüber den beiden großartigen Vorgängern, obwohl die Band hier immerhin einige musikalische Experimente wagte und das Album mehr oder weniger aus „übrig gebliebenen“ Songs der „Reise, Reise“-Aufnahmen bestand. Nach 4 Jahren Pause erschien jetzt das 6. Studio-Album, von dem es im Vorfeld hieß, dass sich die Band wieder in Richtung ihrer musikalischen Anfänge orientieren wolle.

„Liebe ist für alle da“, enthält in der regulären Version folgende Songs:

„Rammlied“ – Ein sehr guter, druckvoller Opener im Stile des „Herzeleid“-Albums, der textlich das beliebte „…wir sind wieder da…“-Thema behandelt.

„Waidmann´s Heil“ – Ein weiterer Höhepunkt. Eingeleitet von Waldhörnern drischt sich die Band durch einen treibenden Song, der in den Strophen etwas an „Heirate mich“ erinnert, passend untermalt von einem Text in bestem Jäger-Latein.

„Haifisch“ – Nach dem furiosen Retro-Tripple wird es wieder etwas experimenteller. Während die rhythmisch-stampfende Strophe mit leichtem Bläser-Einsatz durchaus zu gefallen weiß, ist der Refrain in Anspielung auf Brechts „Mackie Messer“ vor allem textlich eher misslungen: „…und der Haifisch der hat Tränen und die laufen vom Gesicht. Doch der Haifisch lebt im Wasser, so die Tränen sieht man nicht…“ Aua.

„B********“ – Steht für „Bückstabü“, das eine Lindemannsche Wortschöpfung darstellt und mutmaßlich irgendwie für „verbotene Dinge“ steht, nach denen man trotzdem ein Verlangen verspürt. Musikalisch zwar ein sehr harter, aber wenig mitreißender Song.

„Frühling in Paris“ – Eine von zwei Balladen, deren Refrain etwas Chanson-artiges anhaftet, da zum Teil französisch gesungen wird. Die Gesangslinie gefällt mir überhaupt nicht, obwohl die härtere Variante dann etwas besser gelungen ist. Einer der schwächsten RAMMSTEIN-Songs überhaupt.

„Wiener Blut“ – Behandelt textlich den Inzest-Fall von Amsdetten und das erstaunlich unpeinlich. Vor allem ein sehr harter und wütender Song. Gut.

„Pussy“ – Geht musikalisch in Richtung „America“ und ist gar nicht mal so schlecht, textlich allerdings ähnlich dämlich wie „Rein, raus“, „Bück dich“ oder „Küss mich“. Wen die Porno-Promotion zu diesem Song im Zeitalter des Internets allerdings noch schocken sollte, habe ich jedoch bis heute nicht verstanden.

„Liebe ist für alle da“ – Das Titelstück ist ein in jeder Hinsicht eher durchschnittlicher, wenig fesselnder Song.

„Mehr“ – Bei diesem Song zeigt sich, dass RAMMSTEIN auch schon mal etwas zu sagen haben. In typischer Manier prangert Lindemann Raffgier und Ellbogenmentalität in der heutigen Gesellschaft an. Der Song hat eine gewisse Ähnlichkeit mit „Spring“ vom Vorgänger-Album. Ein weiteres Album-Highlight.

„Roter Sand“ – Der zweite getragene Song gefällt mir etwas besser als „Frühling in Paris“, allerdings ist das Ganze sehr schwülstig geraten und die Pfeif-Einlagen sind doch ziemlich gewöhnungsbedürftig. Was die balladesken Songs angeht, haben RAMMSTEIN auf „Mutter“ und „Reise, Reise“ schon deutlich stärkeres Material abgeliefert.

FAZIT: „Liebe ist für alle da“ erschließt sich dem Hörer nicht vollständig beim ersten Durchlauf, sondern benötigt etwas Zeit. Insgesamt lässt es den direkten Vorgänger zwar klar hinter sich, reicht aber an das Qualitätslevel des Referenzalbums „Mutter“ nicht heran. Trotz einiger herausragender Songs („Rammlied“, „Weidmanns Heil“ und „Mehr“), gibt es auch relativ viel eher Durchschnittliches („B*******“, „Frühling in Paris“, „Pussy“, „Roter Sand“) zu hören. In der noch überschaubaren Gesamtdiskographie der Band landet „Liebe ist für alle da“ jedenfalls knapp vor „Sehnsucht“ und deutlich vor „Rosenrot“ auf dem 4. Rang. Die Special Edition enthält übrigens eine CD mit fünf weiteren Songs.

Punkte: 9/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.10.2009

Tracklist

  1. Rammlied
  2. Waidmanns Heil
  3. Haifisch
  4. B********
  5. Frühling in Paris
  6. Wiener Blut
  7. Pussy
  8. Liebe ist für alle da
  9. Mehr
  10. Roter Sand

Besetzung

  • Bass

    Oliver Riedel

  • Gesang

    Till Lindemann

  • Gitarre

    Richard Zven Kruspe, Paul H. Landers

  • Keys

    Christian Lorenz

  • Schlagzeug

    Christoph Schneider

Sonstiges

  • Label

    Universal Music

  • Spieldauer

    46:03

  • Erscheinungsdatum

    16.10.2009

© Musikreviews.de