Seit über 30 Jahren, in etwa seit dem Absturz LYNYRD SKYNYRDs am 20. Oktober 1977, ist zu lesen, dass der gute, alte Southern-Rock in seiner Agonie läge. Alle paar Jahre lässt man das Sterbeglöcklein bimmeln und verkündet den Tod des Patienten. Aber Totgesagte leben bekanntlich länger, immer wieder fachen zwei, drei neue, aufregende Bands die Glut noch einmal an.
REBEL PRIDE ist so ein Aktivposten und die Jungs nutzen die Riesenlücke aus, die die „altersschwächelnden“ ALLMAN BROTHERS und LYNYRD SKYNYRD derzeit notgedrungen hinterlassen. „All Points In Between“ ist das fünfte Album der neuen „Florida Guitar Army“ in sieben Jahren und damit gibt es derzeit keine andere Band in der Szene, die eine vergleichbare Konstanz an den Tag legen würde.
Man bedient alle Trademarks des Southern-Rocks wie ein Three-Guitar-Lineup, reichlich Twin-Läufe der Leads, ein mit bestem Tennessee-Whiskey massakriertes Gesangsorgan und eimerweise Southern Pride. Darin liegt die Stärke von REBEL PRIDE und zugleich auch eine gewisse Schwäche, denn es fehlt etwas an Eigenständigkeit. Zu eng ist „All Points In Between“ an die frühen MOLLY HATCHET angelehnt.
Andererseits ist es derzeit für die Southern-Szene unglaublich wichtig, dass eine Band wie REBEL PRIDE das „Southern Cross“, die sogenannte „Rebel Flag“, hoch hält. Zuviele Todesfälle, zuletzt Georg Bayer (LIZARD) und Billy Powell (SKYNYRD), haben die Basis bedenklich brüchig gemacht.
Trotzdem ist das neue Album ein weiterer Schritt nach vorne für die Jungs aus Tampa Bay. Immer besser wird das Songwriting - ob straight vorwärts gerockt oder vielschichtig im Midtempo agiert wird: mit Sänger Pat Buffo und Gitarrist Brian Jeffries hat sich ein routiniertes Songwriter-Team etabliert. Knietief stecken REBEL PRIDE im guten, alten Southern-Boogie, aber auch ihre Wurzeln im Country-Rock können und wollen sie nicht verleugnen. Die drei Gitarren stehen in jedem Song wie eine massive Wand – Gefangene werden im Süden bekanntlich nicht gemacht. Einzig die Drums dürften etwas stärker in den Vordergrund gemischt werden, sodass es gelegentlich an Druck mangelt.
Der Openener „The Girls Wanna Dance“ shuffelt den geneigten Hörer gleich auf Betriebstemperatur, den Abrocker „My Kinda Girl“ hinterher gezockt und mit dem schmissigen Country-Rocker „Cocaine Gun“ das erste ganz große Highlight gesetzt – danach sind alle Bedenken weggewischt.
Der derb-raue Riff-Rocker „Backin’ It Up“ ist ebenso nenneswert wie das Südstaaten-Epos „Heritage Not Hate“. Bei letzterem zeigen sich die Narben, die der bald 150 Jahre zurückliegende Bürgerkrieg hinterlassen hat. In Diskussionen zeigt sich immer wieder, wie wenig man in Europa über die Ursachen und Hintergründe dieser Tragödie weiß. Man macht es sich verdammt einfach, wenn man die Bürgerkriegsparteien auf „Freiheitshelden“ versus „Sklavenhalter“ reduziert. So steckt man hierzulande aus Unwissenheit oftmals Songs wie „Heritage Not Hate“ in die rechte Ecke.
Den stärksten Song haben sich REBEL PRIDE, wie in der Szene üblich, für den Abschluss des „All Points In Between“-Albums vorbehalten. Ähnlich wie das legendäre „Free Bird“ von LYNYRD SKYNYRD als Ballade beginnend, steigert sich „One More Chance“ in eine wahre Gitarrenschlacht.
FAZIT: Auch wenn es ein klein wenig an der Originalität mangeln mag, ist REBEL PRIDEs „All Points In Between“ ein wichtiges Album genau zum richtigen Zeitpunkt geworden. Bleibt nur zu hoffen, dass die neue „Florida Guitar Army“ möglichst bald den Weg über den großen Teich zu uns findet.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 05.03.2009
Dave “Hefty” Stevenson
Pat Buffo
Brian Jeffries, Tom Spittle, Pat Buffo
Sonny Harlan
Eigenproduktion
38:46
07.02.2009