Konstrukteure konstruieren ganz gerne um sich selbst herum, das gilt vor allem für Musik. Gitarristen, die Bands gründen, legen in aller Regel gitarrenlastige Alben vor; Sänger stellen gerne ihr körpereigenes Organ in den Mittelpunkt. Nun fristen Keyboarder ja normalerweise ein eher komplementäres Dasein im Bandgefüge. Was geschieht, wenn der Keyboarder eine Band aufstellt, kann sich der Interessent mal wieder auf der neuen WARMEN zu Gemüte führen. Und zwar in der vierten Vorstellung. Ihr Name lautet “Japanese Hospitality” - für den nicht unwahrscheinlichen Fall, dass jemand die anderen drei verpasst hat.
Die im Korpus rein instrumentalen “Kriegsherrschaften” haben sich mal wieder mit allerhand buntem Sängergemüse eingedeckt. Bandkopf Janne “Warman” Wirman lud wiederholt seinen CHILDREN OF BODOM-Kollegen Alexi Laiho ein, für STRATOVARIUS-Röhre Timo Kotipelto würde sich bald gar ein Gastauftritts-Abo lohnen und mit Rasi Rantanen (ehemals THUNDERSTONE), Marko Waara (ehemals TUNNELVISION) und - für die gewisse weibliche Note - Jonna Kosonen ist der Salat komplett. Ein hübsch verwobener Finnenteppich mit gegenseitigen Selbstbezügen en masse, da kauft der Hardcorefan gleich den ganzen Katalog.
Nun wird uns einmal mehr ein Album voller Widersprüche entgegengeworfen, die nicht ganz ohne Reiz sind: Instrumentalität versus Gesang, progressive Komplexität versus powermetallisches Simpelgeriffe. Der genreoffene Musikliebhaber wird auf dieser Metalpizza alles finden, sich an der stilistischen Schunkelwut möglicherweise aber auch mal verschlucken, denn so richtig ist das im Endeffekt nichts von beiden - weder progressiv noch groovy.
Janne Warman gebührt jedenfalls das Opening. Im eröffnenden Instrumental haben er und seine Tasten volles Sagen. Wer sich gerne mal über DREAM THEATERs Jordan Rudess aufregt, der wird auf dem Titelstück sein Mekka der Todeswünsche finden. Seine Fortsetzung erlebt der Elektro-Surfgang Schrägstrich die Quietschfolter auf dem freegestylten “Switcharoo”, das ganz besonders an Rudess erinnert, hier allerdings mit einer unangenehmen 8Bit-64Kb-80er-Jahre-Heimcomputer-Note. In der Schnelligkeit des Keyboardspiels erschöpft sich dann auch die gesamte Progressivität der Musik, die keinen Deut darüber hinaus geht.
Dann sind da noch die Jonna Kosonen-Songs, die für einen poppigen Einschlag sorgen. Auf “Goodbye” nähert sie sich dem Stil weiblich geprägter Nu-Metal-Acts wie LACUNA COIL an, “Don’t Bring Her Here” ist astreiner J-Pop (man sieht die Gute förmlich enthemmt mit Zöpfen und Schulrock-Mini herumspringen und am Lolli lutschen) und “Black Cat” geht in die Schnittmenge von 80er-Bon Jovi und Tina Turner.
Zuletzt die Herren der Schöpfung, die mit ihrem Gastgesang das Powermetallische an der Platte markieren. Hier zappelt ein Akkord nach dem anderen, stets schön gleichmäßig angeschlagen, bloß keine Überforderung. Eigene Akzente setzen Kotipelto, Laiho, Rantanen und Waara nur bedingt, und da haben wir nun drei Stile auf einem Album vereint - und wissen nur bedingt was damit anzufangen.
FAZIT: Ein Album wie ein 20 Jahre altes Mischpult: Schiebt man einen Regler hoch, werden die anderen Spuren komplett übertönt. “Japanese Hospitality” ist entweder keyboardlastiger Progressive Metal ODER melodischer Power Metal ODER poppiger Hard Rock, aber leider niemals alles zugleich; eine gute Mischung ergibt sich nie im Sound. Streckenweise geht es mal gut ab, aber mit etwas Abstand zeichnet sich doch das einfallslose Songwriting ab sowie die fehlende Homogenität, die in diesem Fall eindeutig auf den Senkel geht.
Punkte: 6/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 05.08.2009
Jyri Helko
Pasi Rantanen, Jonna Kosonen, Timo Kotipelto, Marko Waara, Alexi Laiho
Antti Warman
Janne Warman
Mirka Rantanen
Spinefarm Records
40:42
26.08.2009