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Reviews

Abarax: Blue Room

Stil: Kraut/Progressive Rock

Cover: Abarax: Blue Room

„Crying Of The Whales“ von ABARAX war eines dieser Alben, das man immer als „nett“ in Erinnerung behält, sich partout aber kaum an die einzelnen Titel, geschweige denn das gesamte Werk erinnern kann. Wenn man es dann wieder hört, denkt man sogar: „sehr nett“, versucht sich in Gedächtnisübungen und hat es zwei Tage später wieder vergessen.

Eine progsymphonische Fingerübung, die ein wenig mit PINK FLOYD liebäugelt, aber keineswegs als Klon durchgeht. Dafür ist „Crying Of The Whales“ viel zu glatt und gefällig.
Zwei Attribute, die uneingeschränkt auf den Nachfolger „Blue Room“ zutreffen. Der PINK FLOYD-Bezug ist noch weiter in den Hintergrund getreten, stattdessen bewegen sich ABARAX in einem weit gesteckten Feld, das der Krautrock der Siebziger des vergangenen Jahrhunderts, vor allem rückschauend, erfolgreich beackert hat. Flächige Keyboardsounds, fließende Gitarrenklänge, nur selten etwas härter akzentuiert angeschlagen, ein angestrengter Sänger, dessen Aussprache zwar mehr als leidlich korrekt ist, der trotzdem eher bemüht als bedeutungsvoll wirkt.

Da fallen einem sofort die frühen JANE ein, den Krautrock verlassend, die balladesken Momente URIAH HEEPS. In den schlichtesten Passagen erwartet man fast, die SCORPIONS pfeifen zu hören. Das bleibt glücklicherweise aus. Stattdessen bringen die Lyrics wieder PINK FLOYD auf die Bildfläche. Da war doch mal was mit Schafen? Hier wird allerdings nur verkündet, dass keine Zeit bleibt im Schatten der Bäume zu liegen und Schafe und Kühe zu betrachten („Life“). Eine selten ausgeübte Beschäftigung, deren Verzicht nicht allzu sehr ängstigen sollte.

Geschenkt; tauchen wir lieber ein ins wattebäuschige Wunderland, das „As We Spoke“ für uns eröffnet. Die teilweise rumpelig gespielten Drums überhören wir ganz schnell. Leider meldet sich alsbald wieder André Bläute angespannt zu Wort. Er befindet sich in einer Arena und kann Tausende von Leuten sehen. Dann wird gekämpft bis auf’s Blut, irgendwer ist der Stärkere, und das ist ganz schlimm. Oder so. Wir sind sensuell erschüttert und bekommen prompt die Rechnung in Gestalt einer triefenden Powerballade präsentiert (remember: SCORPIONS auf Schmusekurs). Die tatsächlich behauptet, dass Kugeln und Rote Rosen den gleichen Tod verursachen. Wenn mich ein Erschießungskommando vor die Wahl stellen sollte, nähme ich die Rosen. „Du wolle’ Rosen?“ „Jep, lieber als a Bullet in the Head.“ Außer von John Woo.

Den Abschluss bildet, mit knapp 11 Minuten, der längste Track des Albums: „Howard’s End“. Geht gut ins Ohr, fließt durch den Raum, hat gar moderne Synthie- und Rhythmussounds zu bieten, bevor die klagende Gitarre einsetzt. Es ist, als lägen Wunderschätze aufgebahrt, doch dann wird nur vielfach skandiert, dass „Howard’s End can never mend“. Jaule, jaule alte Graule, äh, Gitarre. Was will uns der Dichter sagen? Etwas über verlorene Freundschaft, gebrochene Herzen und Pfeile, die weiche Haut verletzen. Wir hören gebannt zu und schweigen ergriffen.

FAZIT: Wenn es tatsächlich einen Jahrmarkt der Gefühle gibt, liefern ABARAX mit „Blue Room“ den Soundtrack dazu ab. Schluchzende Gitarren, jubilierende Keyboards, drömelige Drums, ein knödelnder Sänger, der in tränenfeuchter Ergriffenheit um sich selbst kreist und viel, viel Hall.
In schwachen Momenten kann einen ABARAX aber tatsächlich an die Hand nehmen und in ein Bällchenparadies führen, das mit Pathos, schlichter Grandezza und Seelenbalsam auf Hausmacherart bis zum Rand angefüllt ist.

Bleibt im Endeffekt ein wieder nur nettes Album, das mit geradezu provozierender Unbedarftheit um die Ecke kommt. Das volle Pfund AOR meets Symphonic Prog in Krauthausen. „Nothing to get hung about.”
Besitzt immerhin ein echtes Highlight: das vollmundige “Sermons & Lies”. Da bitte weiter machen.

Punkte: 8/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 08.04.2010

Tracklist

  1. Cry Out For Me
  2. Autumn Storm
  3. Sermons And Lies
  4. Life
  5. As We Spoke
  6. Arena
  7. Red Roses And Bullets
  8. Howard's End

Besetzung

  • Bass

    André Grasekamp, Bernd Eenhuis (bass on 5)

  • Gesang

    André Bläute, Karoline Peucker (bv on 5)

  • Gitarre

    Dennis Grasekamp, André Bläute (guitar, e-bow), Howard Hanks

  • Keys

    Udo Grasekamp

  • Schlagzeug

    Michael Grasekamp

Sonstiges

  • Label

    Cyclops/Just For Kicks

  • Spieldauer

    58:10

  • Erscheinungsdatum

    21.03.2010

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