ACCEPT sind wieder da! Und man ist geneigt, von einer nahezu triumphalen Rückkehr zu sprechen. Schon auf dem Rock Hard Festival sah man Gitarrist Wolf Hoffmann an, wieviel Spaß ihm die Band wieder macht und sein Grinsen ist nun allzu verständlich, denn zu diesem Zeitpunkt wusste er ja bereits, was für ein saustarkes Album die Band in der Hinterhand haben würde. Nun ist "Blood Of The Nations" da und dürfte rein musikalisch jeden Zweifler und Kritiker verstummen lassen.
Das zwölfte Studioalbum der legendären Band bietet wirklich alle Trademarks, die man an ACCEPT liebt und vermisst hat, wartet aber mit einer entscheidenden Neuerung auf, nämlich Sänger Mark Tornillo. Mit dem ehemaligen Frontmann von TT QUICK hat man nicht nur einen absoluten Glücksgriff getan, er wertet das Album darüberhinaus auch deutlich auf. Denn seine Stimme ist um einiges variabler, als die von Ur-Sänger Udo Dirkschneider. Auf der einen Seite ähnlich rau, auf der anderen Seite aber viel melodischer, was man zum Beispiel an der wirklich toll gesungenen, wehmütigen Ballade "Kill The Pain", aber auch am Schlussteil des düsteren und kraftvollen "The Abyss" festmachen kann. Außerdem hat er im straighten "Rollin' Thunder" ein paar wirklich gute Screams drauf, darüberhinaus hat der Song starke, urtypische Riffs zu bieten. Es mutet wie ein Sakrileg an, es zu schreiben, aber Tornillo ist in der stimmlichen Gesamtbetrachtung ein besserer Sänger als Dirkschneider, auch wenn er nicht ganz das Charisma des Urgesteins hat.
Doch nicht nur der neue Sänger, auch das hervorragende Songwriting, das beinahe ausnahmslos vorzufinden ist, macht "Blood Of The Nations" zu einem der besten Echtstahl-Alben des Jahres. Schon der Uptempo-Opener "Beat The Bastards" begeistert mit Riff, melodischem Refrain und einem ACCEPT-typischen Solo. Der Stampfer "Teutonic Terror" bietet traditionelle Chöre und ist schlicht und ergreifend ein Hit. "The Abyss" wurde bereits beschrieben, der folgende, melodische Titeltrack reiht sich mit seinem starken Refrain nahtlos ein. Und dieses Niveau wird im Verlauf des Albums beinahe durchgehend gehalten. Lediglich "Shades Of Death" erscheint mit seinen Streicher-Elementen etwas überladen und ist nicht ganz so zwingend. "Locked And Loaded" ist ein flotter, schnörkelloser Ohrwurm, "Pandemic" ein Stampfer mit edlen Gitarrenparts, "New World Comin'" tendiert in Richtung Hardrock und wartet ebenfalls mit den charakteristischen ACCEPT-Chören auf, "No Shelter" steigert sich im Verlauf des Songs immer mehr und hat einen coolen Basspart zu bieten. Zum Abschluss ist "Bucketful Of Hate" der aggressivste Track des Albums und überrascht mit gekonnt eingeflochtenen orientalischen Melodien.
Ebenfalls ganze Arbeit hat Produzent Andy Sneap geleistet, der "Blood Of The Nations" mit einem druckvollen, klaren, aber auch sehr natürlichen und warmen Sound versehen hat. Als Fan der Band hat er dafür gesorgt, dass die Platte zu 100% nach ACCEPT, aber eben nicht altmodisch klingt. Zwei Kritikpunkte sollen an dieser Stelle aber nicht verschwiegen werden. Zwar ist ein Großteil der Band inzwischen in den USA beheimatet, das rechtfertigt aber kaum den Text des Titeltracks, in dem die amerikanische Militärpolitik auf ziemlich tumbe Art und Weise beschönigt wird. Im Zusammenspiel mit dem übertrieben blutigen Coverartwork, ergibt das einen reichlich faden Beigeschmack. Der ändert letztlich nichts an der überragenden musikalischen Qualität von "Blood Of The Nations", ist aber ein eigentlich unnötiges Ärgernis.
FAZIT: 14 Jahre nach ihrem letzten Album zeigen ACCEPT der Metalwelt, wo der Hammer wirklich hängt und fällt und beweisen, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören, sondern durchaus noch in der Lage sind, hochwertigen Edelstahl zu schmieden.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.08.2010
Peter Baltes
Mark Tornillo
Wolf Hoffmann, Hermann Frank
Stefan Schwarzmann
Nuclear Blast GmbH
67:30
20.08.2010