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Alan Parsons: Eye 2 Eye - Live In Madrid

Stil: Melodic Pop

Cover: Alan Parsons: Eye 2 Eye - Live In Madrid

ALAN PARSONS Live hat was von Silikon-Brüsten; man kann es drehen und wenden wie man will, so richtig echt wirkt es nie. Zu künstlich, zu aseptisch; was als Perfektionismus die Studioplatten zumindest für HiFi-Anlagen-Tester zu wertvollen Begleitern machte, verliert bei unvollkommeneren Live-Produktionen seinen Sinn, wenn es sich bestenfalls durch schlechteren Sound von den Studioaufnahmen unterscheidet. Damit hat auch „Eye 2 Eye“ zu kämpfen.

Lange galt die Musik ALAN PARSONS Live als gar nicht aufführbar; nicht weil sie so hochkomplex, bzw. kompliziert ist, sondern weil viele Klänge erst im Studio entstehen konnten. Erst Mitte der 90er entstand das wenig spektakuläre erste Live-Album. Immerhin sechs Songs haben es von 1994 bis auf die Setlist des Konzerts in Madrid zehn Jahre später gebracht. Was zeigt, dass Alan Parsons gar kein Interesse hat, den viel versprechenden Weg seines letzten Studioalbums „A Valid Path“ fortzusetzen. Gerade ein einziger Song findet sich von diesem Werk, und der geht in der allgemeinen Melange ziemlich unter. Kein Liebäugeln also mit moderneren Sounds, mit einer auch noch so kleinen Vision, wie sich altbackene Musik auf halbwegs aufregende Weise ins Hier und Jetzt transportieren ließe.

Umgeben von karätigen Musikern – vom Bekanntheitsgrad weit entfernt von den Kollegen, die die Originalben einspielten – bringt ALAN PARSONS seine Songs so zu Gehör, wie er vermutet, dass es das Publikum von ihm erwartet. Das beschränkt sich – bis auf die „More Lost Without You“ – auf die Phase von „Tales Of Mystery And Imagination...“ (immerhin mit zwei Songs an Bord), bis „Ammonia Avenue“, ebenfalls zweimal vertreten. Also knapp acht Jahre, die PARSONS Zenith und dessen Überschreitung umreißen. Gilt doch „Ammonia Avenue“ vielfach als eine der lausigsten Platten, die PARSONS produziert und aufgenommen hat.

Überraschungen? Vielleicht, dass der Instrumentalteil von „Psychobabble“ recht wild ist, und eigentlich das einzige Stückchen Musik bietet, das ansatzweise den Stempel „Progressive-“ oder „Art Pop“ verdient und ein Ansatz wäre, den man kreativ hätte verfolgen können. Der Rest ist allzu oft schlunzige Kaufhausmusik – oder wie ein zufällig vorbeikommender Freund spannender Klänge knapp meinte: „Schlagergedöns!“ Manchmal trifft die Band auch den gefälligen Ton des Originals („I Robot“). Instrumental ist das sauber eingespielt, der Gesang – im Studio einer der Pluspunkte des Projektes – ist ziemlich farblos, manchmal gar wackelig („Can’t Take It With You“).

Das lässt sich beiläufig ganz gut hören – wenn man die schmerzenden Songs skippt -, ist nicht so überfüllt mit orchestralem Musical-Kitsch, dem Ex-Kollege Eric Woolfson so gerne frönte, andererseits weit jenseits von Gut und Böse und Zeit und Bedeutung. Es kann passieren, dass man die Musik schon wieder vergessen hat, bevor die letzten Töne verklungen sind. Völlig rätselhaft bleibt, warum ein Konzert aus dem Jahr 2004 knappe sechs Jahre später in verschiedenen Formaten veröffentlicht wird.

FAZIT: Ein mitreißendes Spektakel darf man von ALAN PARSONS Live nicht erwarten. Das beste was einem einfällt, ist zu sagen, der Mann steht seit Jahrzehnten in einer Nische, die niemand kollegial mit ihm teilen möchte. Ausbruchsversuche betrachtet er anscheinend selbst skeptisch, bewegt sich „Eye 2 Eye“ doch fast durchwegs auf altbekanntem Terrain. Naja, ein paar milde Highlights gibt es; den entspannten „I Robot“ Einstieg, den geradezu explosiven (Feuerwerkskörper) zweiten Part von „Psychobabble“, die entschlackte „Don’t Let It Show“-Version oder das zuckerwatteweiche Duo „Sirius/ Eye In The Sky“ (nix für Diabetiker). Dazwischen aber auch seichteste Belanglosigkeiten („Can’t Take It With You“, „Don’t Answer Me“, „Prime Time“).
Es hätte schlimmer kommen können; aber das sagten sich auch die wenigen Überlebenden der Titanic.

Das Konzert wird auf CD und DVD erscheinen, zur Besprechung lag nur eine Downloadversion vor, also keine Bilder. Gebremstes Interesse: wie sehen wohl Show und vor allem Bühnebild aus? Die Beleuchtung ist mit Sicherheit professionell, aber als was ist die Bühne gestaltet? Katalogschlafzimmer, der leere Gang eines Supermarktes, die Woolworth-Cafetria, ein Behördenaufzug, oder das Vorzimmer eines Schönheitschirurgen? Wer möchte, kann ab Mitte März prüfen wie es 2004 zuging in Madrid.

Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.03.2010

Tracklist

  1. I Robot
  2. Can't Take It With You
  3. Don't Answer Me
  4. Breakdown / The Raven
  5. Time
  6. Psychobabble
  7. I Wouldn't Want To Be Like You
  8. Damned If I Do
  9. More Lost Without You
  10. Don't Let It Show
  11. Prime Time
  12. Sirius / Eye In The Sky
  13. (The System Of) Dr. Tarr And Professor Fether
  14. Games People Play

Besetzung

  • Bass

    John Montagna

  • Gesang

    Alan Parsons (3,12. 14), P.J. Olsson (2, 4, 5, 8, 9, 10, 13, 14), Steve Murphy (4, 6), John Montagna (7), Godfrey Townsend (11)

  • Gitarre

    Godfrey Townsend, Alan Parsons (acc.), P.J. Olsson (acc.)

  • Keys

    Alan Parsons, Manny Focvarazzo

  • Schlagzeug

    Steve Murphy

Sonstiges

  • Label

    Frontier Records

  • Spieldauer

    73:37

  • Erscheinungsdatum

    19.03.2010

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