Mick-Karn-artiger Bass, ein Vamp à la Lisa Dalbello mit am Mikro und als vordergründigen Sound ein lärmig zeitloses Amalgam aus Avant-Rock und etwas Wave. So beginnt "Hologramatron" mit "Lake of Fire". Das Stück ist bezeichnend für den trotz in diversen Lineups eingespielten Longplayer recht homogenen Stil von BARRY CLEVELAND. Eingedenk des getappten Instrumentariums erinnert vieles hier an spätere KING CRIMSON und die von denen beeinflusste Touch-Guitar-Szene im tiefsten Fusion-Underground.
Melodisch ist CLEVELANDs Projekt demnach recht karg ausgefallen - zumindest dort, wo das Gewohnheitsohr zuerst hinhört, nämlich auf den Mund der verschiedenen Frontleute. "You’ll Just Have to See It to Believe" muss man sich weniger hart erarbeiten, weil es nicht mit Stimmen versehen wurde, sondern an die mystisch verträumten Offerten beispielsweise von GORDIAN KNOT gemahnt. Zu DAVID SYLVIANs melancholisch verträglichen Momenten passt hingegen "Stars of Sayulita", das Harry Manx statt Amy Neuburg vorträgt. Nach dem spröden Zwischenspiel "Warning" klingt besagteDame wie ausgewechselt: Schönklang mit tänzerischer Anmut im Coversong "What Have They Done To the Rain" - ein kleiner Hit der Songschreiberin Malvina Reynolds, während im nachfolgenden Instrumental die geisterhafte Note etwa von DALI'S CAR beziehungsweise JAPAN durchschimmert. Michael Manrings einzigartiges Bassspiel klingt auf dieser Platte wie selten nach dem erwähnten Fretless-Exzentriker Karn. Sowieso: Bezüge, Bezüge … so auch auf Adrian-Belew-Zeug während "Suicide Train", das groovt und sprechsingt, pluckert und in das fröhlich flotte "Telstar" - einen Joe-Meek-Standard - mit weiblichem Geträller übergeht.
So sehr diese Farbenpracht erfreut: "Dateless Oblivion & Divine Repose" sowie "Abandoned Mines Forrest Fang" als Remix langweilen in Gestalt von Rauschkulissen, und auch der Alternativmix von "You’ll Just Have to See It to Believe" ist unerheblich. Als Bonustracks gehen die zwei Tracks indes in Ordnung, und mit der harten Wiederaufbereitung des Openers hat Strippenzieher CLEVELAND noch ein gelungenes Ende angefügt, ersonnen von Produzenten-Weiterdenker Evan Schiller, der auch schon Bill Frisell und Mike Patton betreute.
FAZIT: Vermeintliche Avantgarde kann auch schmecken: zwischen fortschrittlichem Pop - TALK TALK kommen in den Sinn - und Progressive Rock der unkonventionellen Art, Jazz und allerlei Abwegigem rangiert BARRY CLEVELAND Soundkulissen bis traditionell gestricktes Liedgut hin und her, und das gar nicht einmal ohne Songwriting-Gespür. Empfehlenswerte Scheibe für Entdecker!
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.08.2010
Barry Cleveland, Michael Manring
Amy X Neuburg, Barry Cleveland, Harry Manx, Deborah Holland, Artist General
Barry Cleveland, Robert Powell, Erdem Helvacioglu
Rick Walker, Celso Alberti
Rick Walker, Gino Robair (percussion)
MoonJune
64:48
30.07.2010