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Zugegeben - selbst für langjährige Fans von Blind Guardian war besonders das letzte Album "A Twist In The Myth" recht gewöhnungsbedürftig. Teilweise hatten sich die Krefelder hierauf zu weit von ihren Wurzeln entfernt und ihr Credo, sich niemals zu wiederholen, dahingehend erfüllt, dass man in vielerlei Hinsicht mit zu ungewöhnlichen Sound- und Songideen herum experimentierte. Ein gewisses Maß an Skepsis war im Hinblick auf das neunte Studioalbum also vorhanden - und wird im Handumdrehen weg gewischt, denn Hansi Kürsch und seine Jungs haben endlich wieder zu Bestform zurückgefunden.
Das heißt im Klartext, dass man endlich wieder "echte" Blind Guardian-Songs zu hören bekommt und wer dachte, die Zeiten von rassigem Speed Metal wären bei den Jungs endgültig vorbei, wird gleich dreimal eines besseren belehrt. Alles, wirklich alles, was die Band auszeichnet, findet sich auf "At The Edge Of Time" wieder und trotzdem gelingt es der Band wiederum, ihren Sound um neue Elemente anzureichern, dieses Mal passen die Puzzleteile allerdings wieder viel besser zusammen, als in der jüngeren Vergangenheit. Auf der einen Seite zeigt man sich besonders im Hinblick auf die Gitarrenarbeit wieder basischer, härter und geradliniger, andererseits wird es mitunter bombastischer als je zuvor. Verbessert hat sich auch der allgemeine Sound, das Album klingt in jeder Hinsicht nach einer Metal-Platte, die Gitarren braten richtig fett, Hansis Gesang erklingt kraftvoller und letztlich ist auch das Songwriting an sich kerniger. Nichts geändert hat sich indes an der Tatsache, dass in jedem einzelnen der Songs auf instrumentaler Ebene und im Blick auf die Arrangements mehr passiert, als bei anderen Bands in zehn Liedern. Das wird so mancher sicher als Kritikpunkt sehen, es macht die Songs aber einfach spannender, selbst nach etlichen Durchläufen kann man noch in jedem Song neue Details finden.
Damit wären wir bei den zehn Tracks angekommen, die wie gesagt jede Facette von Blind Guardian umfassen und eine spektakuläre Neuerung zu bieten haben. Denn den Rahmen für das Album bieten mit "Sacred Worlds" und "Wheel Of Time" zwei überlange Songs, die wohl die besten Klassikarrangements zu bieten haben, die es je im Metal gab. Es ist wirklich unglaublich, welch fantastische Symbiose die Instrumente hier eingehen, besser kann man das wirklich nicht machen. Während "Sacred Worlds" die erweiterte Fassung des bereits bekannten "Sacred" ist und mit einem tollen Refrain glänzt, fasziniert "Wheel Of Time" mit ägyptisch anmutenden Melodien und grandiosen Chören. Definitiv einer der besten Songs, die Blind Guardian je geschrieben haben. Wer zuletzt die schnellen Songs vermisst hat, bekommt gleich dreimal Wiedergutmachung und zwar in Form von "Tanelorn (Into The Void)", dem manischen "Ride Into Obsession" und dem Single-Track "A Voice In The Dark", bei dem es die härtesten Riffs des Albums zu hören gibt. Den besten Refrain hat das melancholische "Valkyries" zu bieten, diese Zeilen gehen einem so schnell nicht mehr aus dem Kopf. Wer "Bright Eyes" liebte, wird "Valkyries" genauso anbeten. Die vetrackte Verspieltheit von "A Night At The Opera" findet sich in Ansätzen in "Road Of No Release" wieder, während "Control The Divine" ganz im Sinne der langsameren Ansätze auf "Imaginations From The Other Side" erklingt. Und zuguterletzt haben auch die ruhigen Klänge ihren Platz, zum einen in der Ballade "War Of The Thrones", die mit einem ungeahnt positiven Refrain glänzt, sowie der Folk-Nummer "Curse My Name", die unter Garantie zum Live-Hit werden wird und - ungelogen - die beste der ruhigen Nummern seit dem Barden-Song ist.
Es fällt ausgesprochen schwer, negative Aspekte an diesem Album zu finden. Selbst die anfängliche Ansicht, dass die Refrains nicht so gut zünden wie früher, ist irgendwann verschwunden, denn sobald man die Songs gut kennt, entfalten sie die gleiche magische Wirkung wie die Songs, die heutzutage als Klassiker der Band gelten. Man muss dem Album ein wenig Zeit geben und sich mit ihm beschäftigen - und wird reich belohnt.
FAZIT: Ich hatte es erhofft, aber nicht damit gerechnet: Blind Guardian haben mit einem grandiosen neuen Album den Thron der besten deutschen Metal-Band triumphal zurückerobert.
Punkte: 14/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.07.2010
Hansi Kürsch
André Olbrich, Marcus Siepen
Frederik Ehmke
Nuclear Blast GmbH
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31.07.2010