Die rheinischen Knüppelbuben von Callejon polarisieren seit jeher. Während die einen die Kombination von eingängigen Melodien, zeitgemäßen Grooves und extremem Metal mitsamt deutschen Texten reichlich albern finden, gibt es nicht wenige, die auf diesen modernen Sound ziemlich abfahren. Und obwohl ich mich grundsätzlich eher in traditionellen Metalgenres wohl fühle, zähle ich mich seit dem Debüt "Willkommen im Beerdigungscafé" zu letzterer Gruppe. Daran wird auch das dritte Album mit dem Titel "Videodrom" nichts ändern, im Gegenteil.
Callejon präsentieren sich musikalisch gereift und wie bei vielen Bands, denen man den Stempel Metalcore einst aufdrückte, evolutioniert auch hier der Stil in Richtung melodischer Death Metal. Und so geben sich brachiale Härte und unwiderstehliche Melodien mal wieder die Klinke in die Hand. Rasiermesserscharfe Riffs und harsches Geschrei in den Strophen treffen in den teilweise sensationell guten Refrains auf klaren Gesang, der gerne so melodisch ist, dass er haarscharf an der Grenze zum kitschigen entlangwandelt. Überschritten wird sie aber eben nicht. Die Instrumentalfraktion gibt sich wie immer extrem verspielt, ist aber gleichzeitig topfit und weiß genau, wie man die Wirkung eines Songs gekonnt erzielt.
Und so fühlt man sich bei Hits wie "Kinder der Nacht" oder dem Titeltrack entweder zum wilden Moshen oder zum Mitsingen der Singalong-Refrains genötigt. Einen ganzen Zacken an Härte legen die Jungs dann nochmal in "Immergrün" oder dem auch textlich derberen "Sexmachine" zu, im Gegensatz dazu stehen ruhigere, melancholische Tracks wie "Mondfinsternis" (inklusive "Ohohoh"-Chören) oder der dynamische Rauswerfer "Gott ist tot". Mit kreativem Wortwitz überzeugen "Dieses Lied macht betroffen" (viel besser textet eine Band wie DIE ÄRZTE auch nicht) oder das mit dem Vorwurf der Kommerzialisierung abrechnende "Sommer, Liebe, Kokain". Zwischen den Songs gibt es stimmungsvolle Intermezzi, die hintereinander gelesen den Albumtitel ergeben. Und trotz der etwas grellen Farbgebung ist auch das Albumcover um einiges gelungener, als beim Vorgänger "Zombieactionhauptquartier".
FAZIT: Wer bisher nichts mit CALLEJON anfangen konnte, sich aber modernen, harten Metalklängen zugeneigt fühlt und auch eine geile Melodie erkennt, wenn sie ihm ins Gesicht springt, sollte "Videodrom" antesten. Und wer die Band eh schon mochte, wird auch an Album Nummer drei nichts auszusetzen haben. Red Bull für die Ohren!
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 12.04.2010
Thorsten Becker
Bastian Sobtzick
Bernhard Horn, Thomas Buschhausen
Nuclear Blast GmbH
50:39
03.04.2010