Dieses Kleinod wurde bereits vor Jahren angekündigt und endlich realisiert. Amerikas Echtmetall-Helden PHARAOH und ihre sprachlosen Freunde von CANVAS SOLARIS erweisen einem Trio die Ehre, dem diese mehr als nur ein wenig gebührt. die Schweizer CORONER führt man immer noch viel zu selten an, wenn es um die Entwicklung von progressiver Musik und extremem Metal im Speziellen geht. Ihre Pionierarbeit ist von unschätzbarem Wert, und dieses Vinyl eine kleine Aufmerksamkeit, welche die sträfliche Missachtung von Vetterli und co. erstmals überhaupt auf breiterer Ebene zumindest vorübergehend unterbindet.
Die Verbindung zwischen beiden Gruppen besteht vornehmlich durch PHARAOHs Klampfer Matt, der bereits in frühen Tagen bei CANVAS SOLARIS Gastauftritte absolvierte, als die Progster noch ein reines Studioprojekt und nur zu dritt (aha!) waren. Die Bands teilen ihre Vorliebe für Euro-Metal, und gerade Hunter Ginn betont häufig, wie sehr man in unseren Längengraden nur Feinschmecker jauchzen lassende Propheten wie DEATHROW oder MEKONG DELTA - also Grenzverschieber aus der zweiten Popularitätsreihe im eigenen Land - verehre und als Einfluss ansehe … aber zum Thema: "No More Color" gilt vielen Eingeweihten als bestes Album der Rush des Thrash und wirft PHARAOHs Wahlsong "Tunnel of Pain" ab. Die Performance ist ohne Zweifel erhaben, wobei die Aneignung der Musik in ihrem wie auch CANVAS' Fall nicht einfach gewesen sein dürfte. Tim Aymar hingegen hat unabhängig vom instrumentalen Unterbau nicht zuletzt bei CONTROL DENIED bewiesen, dass er eines der wandlungsfähigsten Organe - bezogen auf einen klassischen Metalsänger - überhaupt besitzt und demzufolge auch harschen Tönen nicht abgeneigt ist. Diese setzt er hier trefflich und wie immer emotional glaubhaft um.
CANVAS SOLARIS verleiben sich das Instrumental - was sonst? - "Arc-Lite" vom im CORONER-Kontext gesehen noch relativ konventionell-thrashigen, gleichwohl bereits genial virtuosen "Punishment For Decadence" ein - von Annektieren mag man deshalb reden, weil das Kollektiv dem Liedgut seine reichhaltige Soundpalette angedeihen und die Komposition dadurch klingen lässt wie eine eigene. Nachgespieltes sollte im Idealfall immer diese Intention verfolgen, um dauerhaft interessant zu bleiben; im Falle dieser Single ist allein schon die Auswahl der gecoverten Band bemerkenswert, und dass sich zwei Combos von Format CORONER annehmen, sorgt für eine gelungene Umsetzung, welche vor allem in Zeiten der vorbehaltlosen Bauchpinselung selbst noch so halbseidener "Kult"-Erscheinungen nötig ist.
FAZIT: CANVAS SOLARIS und PHARAOH spielen CORONER auf individuelle Weise und fabelhaft souverän nach. Die Aufmachung der Single (Cover!) ist liebevoll, die Wahl von Vinyl als Medium ohnehin schon, und die Aussage hinter dem Unterfangen wichtig: Spürt den Wurzeln kreativer Musik nach und wisst Künstler zu schätzen, die intelligente wie leidenschaftliche Songs schreiben und spielen konnten beziehungsweise können - soll's ja heute noch geben.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.07.2010
Cruz Del Sur
ca 26:00
23.07.2010