Wenn ein gewisser „Gulliver“ im Kommentar zu TINYFISH, die eher schlanke Produktion schon als „hochgepimpt bis geht nicht mehr“ empfand, dann dürfte „Nymf“ das Pfefferminzblättchen sein, das Mr. Creosote zum Platzen brachte.
Hier spielen Gitarren eine ziemlich untergeordnete Rolle, stattdessen Keyboards bis zum Überschwappen. Das volle Programm: von düsterem Synthesizerpluckern über perlendes Piano bis zum Engelschor; die beiden Schweden Westholm und Flinck lassen nichts aus. Ein voluminöses Schaumbad – aber bitte nur mit den feinsten Ingredienzien. Nichts ist klein oder bescheiden; TONY BANKS wird mit Schwung untergestippt, PETER GABRIEL und RUPERT HINE haben die Wanne installiert, MANFRED MANN darf Wasser nachgießen.
Da aber die Klangkaskaden doch gelegentlich mit Saiteninstrumenten schroff konterkariert werden, mitunter (selten) Zurückhaltung geübt wird (d.h. ein klitzekleines Chörchen bleibt im Hintergrund), besitzt das liebliche Bad genügend Prickel, um nicht für aufgeweichte Ohren zu sorgen. Dass die Songs zwar eingängig, aber nicht allzu süßlich sind, die Höhepunkte mit Verve von Gipfel zu Gipfel getragen werden, Niclas Flinck bedeutungsschwangere, kryptische Statements ohne Scheu vor Häme raushaut, macht „Nymf“ nahezu unwiderstehlich. Wenn man nicht gerade auf Prog-Diät ist. Dann helfen auch die vom unbequemeren Vorgänger herübergeretteten Dragonflies und Mosquitos nicht mehr.
FAZIT: War „Insekt“ eher eine sperrige Aufarbeitung des CARPTREE-Sounds, spendiert „Nymf“ einen emotionsgeladenen, bombastischen Trip, auf dem man sich nur mit Lust und Laune mittragen lassen kann. Oder ihn fürchterlich findet. Aufgeblasen und pathetisch. Stimmt vermutlich. Aber so sehr man sich auch anstrengt, „Nymf“ öffnet alle Schleusen und reißt den Hörer einfach mit. Ein großspuriges Album und auch noch stolz darauf. Manchmal braucht man so was. Bis jetzt keine Ermüdungserscheinungen. Bloß das Moskito-Netz zum Abschluss, durch das man die Sterne sieht, ist ganz harter Stoff. Nicht verboten, aber dicht davor. Doch da muss man durch. Wir haben früher die Buttercreme auch in Torten, nicht in Stücken gemessen. Lohnt sich. Ein Album, das kein Maß kennt. Und das ist gut so. Diesmal.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.10.2010
Stefan Fanden
Niclas Flinck, Cia Backman, Öivin Tronstad (bv)
Ulf Edelönn, Stefan Fanden
Carl Westholm
Jejo Perkovic
Stefan Fanden (Bouzouki)
Fosfor Creation/Just For Kicks
45:48
24.09.2010