Auf die Tatsache, dass Thrash Metal politische Musik ist, weist ja der Kollege Lukas öfters hin. Auch wenn die Australier DARK ORDER ihn wahrscheinlich nicht kennen, nehmen sie es sich zu Herzen und liefern mit „Cold War Of The Condor“ nicht nur ihr drittes Album seit 1992 ab, sondern auch ein umfassendes Konzeptalbum über den chilenischen Diktator Pinochet und sein weltweites Terrornetzwerk. Wenn man im Hinterkopf hat, was für eine Grütze SLAYERs Araya über Pinochet von sich gegeben hat, ist es schon amüsant, dass sich DARK ORDER öfters nach eben genau dessen Band anhören, inhaltlich und moralisch aber deutlich korrekter und weiter entwickelt zu sein scheinen.
Der Opener ist quasi eine mit Stakkato-Riffing unterlegte Kurzfassung der Ereignisse des Tages, an dem General Pinochet putschte und der linksgerichtete Präsident Allende eine letzte Rede über das Radio hielt, die in Auszügen als Sample unterlegt ist, bevor der Präsidentenpalast bombardiert wurde und Allende unter bis heute ungeklärten Umständen ums Leben kam.
Was geschichtlich folgte, waren eine 17-jährige militärische Gewaltherrschaft und später Pseudo-Demokratie in der unzählige Menschen einfach verschwanden, getötet oder gefoltert wurden. Deren genaue Zahl ist unbekannt, pikant an der gesamten Entwicklung sind aber die unrühmliche Rolle, die die USA bei Pinochets Machtübernahme spielten und die Waffengeschäfte, die z.B. Großbritannien im Laufe der Jahre mit der Junta abwickelten.
DARK ORDER nehmen nun einzelne Ereignisse, Institutionen und Personen heraus und widmen ihnen meist lange Songs, die Thrash Metal in Reinkultur bieten. SLAYER nannte ich bereits, DÉTENTE, EXODUS und Bay Area-Kollegen sind auch gute Verweise, wobei „Cold War Of The Condor“ nie versucht sich anzubiedern und auch im Sound roh, direkt und brutal bleibt, was der Scheibe eine gewisse Punk- und Hardcore-Attitüde verleiht. Der Gesang erinnert beispielsweise bei „Tears Of The Exiled“ an Gunnar der Achtziger Hardcore-Recken SO MUCH HATE, die auf spanisch vorgetragene (Achtung!) Ballade „A Lament For Victor Jara“ und der Rausschmeißer „Requiem Eternal“ stechen heraus und würden jedem Singer-Songwriter zu Ehre gereichen.
Es wäre natürlich übertrieben zu behaupten, die 76 Minuten vergingen wie im Fluge, insgesamt halten sich die Längen bei den doch recht langen Liedern aber in Grenzen, manchmal dürfte ein Song kompakter sein oder ein Part seltener wiederholt werden, summa summarum machen DARK ORDER ihren Job aber ausgezeichnet und ziehen ihr Ding kompromisslos durch ohne auf Modernität oder Marktvorgaben zu schielen.
Respekt.
FAZIT: Wer auf ursprünglichen Thrash Metal mit sehr deutlichen Achtziger-Anleihen steht, sollte sich die Aussies von DARK ORDER mal zu Gemüte führen, zumal die Band inhaltlich einiges recherchiert und zu bieten hat. Klar eine der besseren Thrash-Scheiben der letzten Zeit. Kann das Album mal jemand Tom Araya schicken?
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.09.2010
Sean Veale
Raul Alvarez, Sean Veale
Raul Alvarez, Diego Cavieres
Marco Alvarez
Battlegod Productions
76:29
20.08.2010