Nach Aussage von Sänger Mikael Stanne soll "We Are The Void" den Startschuss in die nächsten 20 Jahre DARK TRANQUILLITY markieren und nicht etwa der Schlusspunkt der ersten zwei Dekaden sein. Die Göteborger Großmeister des melodischen Death Metals haben zu diesem Zweck auf ihrem neunten Longplayer ein paar Anpassungen an ihrem Sound vorgenommen, die dafür sorgen sollen, dass Vorwürfe wie Stagnation oder gar Rückschritt schon im Keim erstickt werden. Andererseits soll die neu gewonnene Experimentierfreude keine Fans vergraulen - diesen Spagat meistert die Band deutlich besser als so manch andere Kollegen.
DARK TRANQUILLITY klingen also auch im Jahre 2010 immer noch vor allem nach sich selbst, ohne sich dabei aber zu wiederholen. Dafür sorgen auf "We Are The Void" zum Beispiel zahlreiche Variationen der Geschwindigkeit. Natürlich wird das Gaspedal bei vielen Songs auch weiterhin durchgetreten, groovig oder sogar schleppend darf es aber auch mal zugehen und das steht der Band ausgesprochen gut. Wer nun befürchtet, dass man Richtung Mainstream abdriftet, liegt falsch, allein schon Mikaels garstiges Geknurre, das insgesamt einen Hauch aggressiver wirkt, als zuvor, sorgt dafür, dass der Begriff poppig hier nicht zutreffend ist.
Das gothic-lastige "Her Silent Language" mag letztgenannte Aussage zwar Lügen strafen, ist aber nichts weiter als die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Und darüberhinaus ein Ohrwurm par excellence, der nicht nur mit edlen Doppelleads, sondern auch einer guten Kombination aus Grunz- und Klargesang gefällt. Es zeichnet eine Band wie DARK TRANQUILLITY aus, dass ein Element wie eben der leicht verdauliche Klargesang äußerst sparsam eingesetzt wird und darüberhinaus nur noch im schwermütigen "The Grandest Accusation" kurz zum Zuge kommt und sich perfekt in die von einer Gänsehautmelodie getragenen Nummer einfügt. Ihre thrashige Ader leben die Schweden im Opener "Shadow In Our Blood" und im Quasi-Titeltrack "I Am The Void" aus, während "The Fatalist" der wohl typischste Song auf dem Album ist, solche Hits können nur DARK TRANQUILLITY. Als unerwartete Höhepunkte entpuppen sich darüber hinaus die beiden dunkeln und schweren Brecher "Arkhangelsk" und das intensive "Iridium", die beide mit Black Metal-artiger Stimmung für wohlige Schauer sorgen. Besonders die fiesen, an atmosphärische Störungen erinnernden Keyboard-Sounds im Schlusstrack hinterlassen Eindruck.
Diese sieben Großartigkeiten sind gleichmäßig über die Spielzeit verteilt, dazwischen finden sich vier "Füller", nach denen sich andere Bands immer noch die Finger lecken würden. "We Are The Void" logiert folglich durchgehend auf hohem songschreiberischem Niveau. Dieses Qualitätslevel kann die Produktion des Albums nicht ganz halten, denn der insgesamt leicht matschige Sound mit den pappigen Drums ist weder zeitgemäß, noch sonderlich druckvoll. Vielleicht sollte man doch mal überlegen, sich in Zukunft von einem externen Produzenten unter die Arme greifen zu lassen, denn in dieser Disziplin sind DARK TRANQUILLITY am Ende des für sie machbaren angekommen.
FAZIT: "We Are The Void" ist gerade im Vergleich zum Vorgänger "Fiction" ein mutigeres und mitunter weniger eingängiges Album, das trotzdem nicht nur alle wichtigen Markenzeichen von DARK TRANQUILLITY aufweist, sondern auch jede Menge Hits zu bieten hat. Die aufgeflammte Lust am Experiment ist als gelungen zu bezeichnen und somit erfindet Album Nummer neun zwar nicht das Rad neu, zieht ihm aber verdammt edle Felgen auf.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.02.2010
Daniel Antonsson
Mikael Stanne
Niklas Sundin, Martin Henriksson
Martin Brändström
Anders Jivarp
Century Media
48:09
26.02.2010