EISBRECHER rufen die "Eiszeit" aus. Und das, wo wir doch alle froh sind, dass der strenge Winter endlich hinter uns liegt und der Sommer bald vor der Türe steht. Zum vierten Mal bitten Kapitän Alexx und der musikalische Navigator Noel Pix zum Tanz und mit diesem Album könnte der Münchner Band in der Tat der große Durchbruch gelingen. Nicht nur, weil die Mischung aus harten Gitarren, angenehmer Düsternis und melodischer Eingängigkeit derzeit mächtig angesagt ist (man denke nur an die Chartstürmer UNHEILIG), sondern auch, weil sich EISBRECHER noch stärker auf den Song an sich konzentriert haben.
Und das resultiert in jeder Menge Hits, die "Eiszeit" zu einem Album machen, das man durchaus gerne hört. Man nehme nur mal den absolut packenden, verhältnismäßig sanften Refrain im Titeltrack, der sich mit Vehemenz im Gedächtnis feststeht. Ein Hauch von Kitsch weht zwar deutlich durch die Stube, aber allzu schleimige Gefilde werden gekonnt umschifft. Harte Brecher wie "Bombe" oder das fast schon brachial-elektronisch stampfende "Amok" sind das eine Extrem, das andere sind dunkel-romantische Ohrwürmer wie "Die Engel", "Dein Weg" oder das wirklich edle, dramatische "Der Hauch des Lebens". Aus dem Rahmen fällt "Gothkiller", das in der schwaren Szene aufgrund des Titels vielleicht für Irritationen sorgen könnte, aber letztlich nur ein netter Tanzflächenfüller ist, der ein wenig an THE SISTERS OF MERCY oder BILLY IDOL erinnert. Der Damenwelt wird im gelungenen Opener "Böse Mädchen" sowie in "Supermodel" gehuldigt (mehr oder weniger jedenfalls), lediglich "Segne deinen Schmerz" wirkt insgesamt zu standardisiert.
Natürlich bekommen alle Kritiker von EISBRECHER auch mit "Eiszeit" wieder genug Wasser auf ihre Mühlen und mit ihrem Querschnitt aus RAMMSTEIN, OOMPH! und eben UNHEILIG ist die Band auch musikalisch alles andere als unverwechselbar. Fest steht aber, dass man ein Händchen für gute Songs hat, die zumindest bei der Zielgruppe bestens ankommen sollten. Und über die unbestrittenen Livequalitäten der Band gibt es eh nix zu diskutieren.
FAZIT: Man kann EISBRECHER durchaus berechtigt scheiße finden, muss man aber nicht. "Eiszeit" ist ein gutes Album, das sicher keinen Kreativitätswettbewerb gewinnt, aber die Stärken von EISBRECHER auf den Punkt bringt und am besten mit einem guten Actionfilm zu vergleichen ist: nicht unbedingt anspruchsvoll, aber unterhaltsam.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.04.2010
Oli Pohl
Alexander "Alexx" Wesselsky
Jochen "Noel Pix" Seibert, Jürgen Plangger
Maximilian "Maximator" Schauer
René Greil
AFM Records
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16.04.2010