"Krautrock From Hell" - völlig klar, dass ein alter Atheist wie ich bei so einem Titel sofort hellwach wird. ELECTRIC ORANGE, diese Aachener Psycho-Kraut-Truppe, legt mit ihrem siebten Album 'mal wieder ein höllisch gutes Album vor - ein Meisterwerk in seiner Sparte. Vom ersten Ton an, wenn der "Bandwurm" sich in den Player wühlt, bis zum Finale, wenn ebendieser aus dem "Wurmloch" blinzelt: "Krautrock From Hell" fesselt den Hörer und lässt ihn nicht mehr los.
Space Rock, Psychedelic und Trance sind die Zutaten, die die Männer um Mastermind Dirk Jan Müller zu einem atmosphärisch dichten Sound verweben. Im Mittelpunkt stehen Müllers Keyboards, die wabernde Hammond und die Synthesizer sowie das gute, alte Mellotron, das in "Neuronomicon" herzzerreißend wimmert. Überhaupt sind es die Instrumente, die "Krautrock From Hell" so authentisch nach den besten Kraut-Tagen in den frühen 70ern klingen lassen. Der legendäre, unverwechselbare Mini-Moog erzeugt zauberhafte Melodiebögen. Das glockenklare Fender Rhodes Piano ist bis heute klanglich kaum zu übertreffen. Das Solina String Ensemble ersetzte seinerzeit die polyphonen Synthesizer, vom Mellotron ganz zu schweigen. Als Sahnehäubchen wird der olle Korg MS-20 Synthesizer eingesetzt, bei dem noch Klinkensteckerverkabelungen viele Regler ersetzen mussten. Auch den Einsatz ungewöhnlichster Effekte wie Spieldosen oder Sprechpuppen kann man nur als liebevolle Detailarbeit interpretieren. Fast ein Jahr, von November 2008 bis Oktober 2009, hat ELECTRIC ORANGE hierfür im Fleisch Studio in Aachen getüftelt. Das Mixing übernahm erneut kein Geringerer als EROC, mit GROBSCHNITT ebenfalls in den Heydays des Krautrock mega-erfolgreich und ein großer Produzent vor dem Herrn.
Schwer, ja fast unmöglich ist es, einzelne Songs aus "Krautrock From Hell" herauszubrechen. Man sollte dieses Album unbedingt in einem Rutsch anhören und sich auf die wunderlichen Klangwelten einlassen. Auch ohne alternative Rauchwaren sind diese gut fünfundsiebzig Minuten eine spannende und vergnügliche Reise in längst vergangene Zeiten, in denen ein Song noch zwanzig Minuten und länger dauern durfte.
FAZIT: Grandios, völlig abgefahren, ja sensationell - die Superlativen perlen mir bei ELECTRIC ORANGEs "Krautrock From Hell" nur so aus meiner Tastatur. Prädikat: Künstlerisch besonders teuflisch und wertvoll.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.01.2010
Tom Rückwald
Dirk Bittner
Dirk Bittner, Josef Ahns
Dirk Jan Müller (Hammond, Synthesizers, Pianos, Mellotron)
Georg Monheim
Josef Ahns (Flöten), Georg Monheim und Dirk Bittner (Percussions)
Sulatron Records
75:28
05.01.2010