Nein, der "King Of Rock'n'Roll" war garantiert nicht meine "Einstiegsdroge", als ich mich Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre mit Rockmusik zu befassen begann. Meine Eltern, meine Onkel und Tanten fanden "Mr. Presskopf", wie ich den "King" damals despektierlich nannte, Klasse und damit war das Thema für mich durch. Meine Helden hießen seinerzeit JIMI HENDRIX, CREAM, FRANK ZAPPA und PINK FLOYD. Für die "Wurst" hatte ich als Frühpubertierender kein Ohr übrig. Erst gut zehn Jahre später, als ich die Mutter aller Rockmusik, den BLUES, für mich entdeckte, fand ich heraus, dass Elvis Presley ein richtig geiler R&B-Sänger war. Doch da war der an sich selbst Gescheiterte bereits seit längerem tot. Sein Abgang war alles andere als königlich - Parallelen zum 2009 verstorbenen vermeintlichen "King Of Pop" sind offensichtlich und eine Mahnung an die Nachwelt. Elvis Presley war unbestreitbar der Geburtshelfer des Rock'n'Roll. In Memphis/Tennessee, einer Hochburg des Mississippi-Blues, musikalisch gereift, brachte Presley weit mehr als seinen berühmt gewordenen Hüftschwung in den Memphis-Blues ein. Aber eine Biografie seines bewegten Lebens würde den Rahmen dieses Reviews natürlich sprengen. Interessierte werden bei Wikipedia & Co. mehr als ausreichend fündig werden.
Morgen, am 8. Januar 2010, wäre Elvis Presley 75 Jahre alt geworden. Ein mehr als würdiger Anlass zu diesem Termin eine richtig dicke Box, "Elvis 75" betitelt, herauszubringen. Die 75 Titel, darunter auch der posthume Number-One-Hit "A Little Less Conversation" [in einer gänzlich indiskutablen, modernen Radio-Edit], starten im Jahr 1954 mit seinen Memphis-Jahren. Sein elektrisierender Ur-Rock'n'Roll, der triviale "Gute-Laune-Swing" seiner Filmhits, die tiefe Religiosität seiner Gospelsongs, die Intimität seiner Balladen, der Protz und Glamour der "Las Vegas"-Jahre: Jede Station des "King" wird eingehend beleuchtet. Völlig klar, dass hierbei die bekanntesten Songs im Mittelpunkt stehen - aber [Achtung, Scherzfrage] hat Elvis Presley jemals unbekannte Songs herausgebracht? Immer zwischen Kitsch ("Love Me Tender", "In The Ghetto") und Genialität ("Heartbreak Hotel", Jailhouse Rock", "A Mess Of Blues") schwankend bietet diese Compilation einen perfekten Überblick über die Schaffensphasen eines Künstlers, dessen Tonträger sich bis heute blendend verkaufen.
FAZIT: Mir liegt die 3-CD-Box "Elvis 75" mit remasterten Aufnahmen und einem Booklet, in dem perfekter Weise alle Songs samt der Sessionmusiker jener Aufnahmen genannt werden, vor. Mir reicht das Material völlig aus. Der Elvis Presley-Fan greift natürlich zu der gleichzeitig erscheinenden limitierten Box "Elvis 75 - Good Rockin' Tonight". Diese beinhaltet neben 25 weiteren Songs (also 100 Nummern) auf vier CDs, allesamt rare Aufnahmen und Live-Takes, auch Presleys allererste Aufnahme "My Happiness", die er 1951 mit vier Dollar in der Tasche als Geschenk für seine Frau Mama aufnahm. Ein schönes Schmankerl...
Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.01.2010
Elvis Presley
Elvis Presley
Eine Vielzahl von Sessionmusikern
Sony Music
CD 1 60:10, CD 2 60:31, CD 3 79:38
08.01.2010