Zurück

Reviews

End Time Channel: Vern [The Jungle Planet]

Stil: Experimental

Cover: End Time Channel: Vern [The Jungle Planet]

Beinahe fühlt man sich inzwischen wie die Jump 'n Run-Helden "Ratchet & Clank", wenn man bei END TIME CHANNEL von Planet zu Planet hüpft und immer wieder neue Atmosphären erkunden darf. Dahingehend schürt das jüngste Album Udo Fischers große Erwartungen: "Vern – The Jungle Planet" riecht nach Wald und Leben, nach Fressen und Gefressenwerden, nach Wildnis, Grün und Ursprung. In der Tracklist liest man von Lianen, wundersamen Orten wie einer "Stadt der Katzen" (ob womöglich die "Thundercats" auf Vern leben?) und erkennt Bibelanspielungen. Wenn es irgendwie machbar wäre, würde man am liebsten glatt mal James Cameron anrufen und fragen, ob nicht Interesse an einer "Vern"-Verfilmung bestünde – in 3D natürlich.

Aus dieser Perspektive heraus enttäuscht "Vern" ein wenig, denn die markante Charakteristik, ja der Eigengeruch eines Dschungelalbums, wie man ihn dank des Einsatzes von Soundscapes und sonstiger Geräuschkulisse erwarten würde, ist kaum vorhanden. Einzig Gast Bijan Lor-Zade, der einer exotischen Kreatur von Vern mit einem Eintopf aus verschiedenen persischen Dialekten außerirdisches Leben einhaucht, sowie das knallendbunte Cover aus der Feder von Rea Severain beglücken den Planeten mit einem besonderen Charakter. "Shanghai Pulse" bleibt diesbezüglich mit dezenten Einflüssen aus dem Asiatischen der musikalische Sieger; "Vern" ist zunächst einmal "nur" ein weiterer ETC-Output.

Allerdings vermeidet Udo Fischer damit auch Klischees. Würde man einen Behelfstarzan einen Urschrei ausstoßen hören, während um ihn herum die Natur piept und quäkt, so wäre das sicher nur schwer erträglich gewesen. Der Sound von END TIME CHANNEL, und mit ihm die Story, bewahren sich ihre Seriosität.

Gut gelungen ist der selbsterklärte Anspruch, mit den Erzählerperspektiven zu spielen. Dem Narrativen folgt eine musikalische Entsprechung durch sehr viele bunte Facetten. Mal chillig-jazzig, mal repetitiv-motivorientiert, mal leicht rockig oder melancholisch… an Ansätzen mangelt es "Vern" sicher nicht. Gut gewählt sind diese meistens, aber nicht unbedingt immer. "These are the Nights" klingt zum Beispiel eher wie ein Soundtrack für "Hans guck in die Luft" als nach dem "Red Room" aus "Twin Peaks", nach dem es möglicherweise klingen sollte. Dafür überzeugt das industrial-lastige "The Day the Sky Explodes" zum Abschluss mit dem herrlichen Suspense unterdrückter Elektrizität.

FAZIT: Obwohl "Vern – The Jungle Planet" gemessen an Titel, Artwork und Konzept für mich persönlich das vielleicht interessanteste END TIME CHANNEL-Album ist, möchte ich irgendwie nicht so hundertprozentig warm werden damit. Das mag an enttäuschten Erwartungen liegen; sicher erwartet man mehr Fremdartigkeit bei einer Platte, die sich nach einem Dschungelplaneten benennt. "Vern" bietet das Gegenteil, nämlich klassischen ETC-Stoff. Und obwohl es beeindruckend ist, dass Fischer selbst bei diesem wie die Niagarafälle fließenden Output immer wieder tolle Ideen in seine Saga einzuweben weiß, sind doch auch immer wieder Lückenfüller dazwischen, so dass man den Wunsch hegt, er möge mal ein bisschen sammeln und dann zurückkehren. Vielleicht sogar mit noch etwas mehr kreativen Einflüssen von außen. Der Schritt, das Coverartwork aus der Hand zu geben, könnte dabei nur der Anfang sein.

Punkte: 9/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.04.2010

Tracklist

  1. Introduction
  2. Eating The Forbidden Fruit Of Vern
  3. Valley Of The Green Creature
  4. Beyond The City Of Cats
  5. Liane
  6. Silent Now
  7. The Ruins Of Callou
  8. The Gods Of Vern
  9. Spider's Nest
  10. These Are The Nights
  11. Through Your Telescope
  12. The Day The Sky Explodes

Besetzung

  • Gesang

    Bijan Lor-Zade (Creature)

  • Sonstiges

    Udo Fischer (Alles)

Sonstiges

  • Label

    Selbstrelease

  • Spieldauer

    38:42

  • Erscheinungsdatum

    01.02.2010

© Musikreviews.de