Wenn andere Kritiker bei ESOTERICA von einer verträglicheren Version von TOOL sprechen, dann ist dies auf bedauerliche Weise stichhaltig: klanglich versucht man hier und dort wirklich, an die Amerikaner heranzureichen, während man anderswo mit synthetischer Soundpatte Schindluder treibt und generell nicht aus kalkulierten Radiodimension ausbricht, was das Songwriting betrifft.
Schal klingen die Drumloops und zischenden Effekte im vorhersehbar laut riffenden und während der Strophen zurückgenommenen Opener. Sänger Tobias orientiert sich immer noch an Frontschamanen wie Maynard James Keenan, ohne aber dessen Charisma zu besitzen. Auch bei der Produktion des Basses und gewissen Gitarrensounds (höre den Beginn von "Tomorrow I Won't Remember") dürfen andere die "Wer hat's erfunden?"-Frage stellen. Angesichts der Steilvorlagen-Beschreibung von ESOTERICAs Fürsprechern ist man gar nicht mehr fähig, etwas Eigenständiges an der Gruppe auszumachen … Die Sitar, welche "The Empire of Eyes" einleitet, geht bestenfalls als Gimmick durch, statt dass man sie schlüssig in den Instrumentenpark eingebunden hätte. Ansonsten gilt: Standardarrangement, und alles wird auf den Chorus heruntergebrochen, den man mittels Dynamiksteigerung wenig überraschend antizipiert. Zu bedauern ist ESOTERICAs Einfallsreichtum dahingehend, dass trotz ihrer überschaubaren Stilmittel keine Riesenhooks herumkommen; dabei exerziert man die genannten Prinzipien in nahezu jedem Track durch und versagt dennoch kläglich, irgendwie mitzureißen oder nur einen Hauch von Spannung zu erzeugen.
Wenigstens "Manimal" weckt ein wenig Interesse, da es ganz auf das fingierte Zwiegespräch mehrerer durch Verfremdung voneinander abgehobener Stimmcharaktere von Tobias ausgelegt wurde und sich ins Manische steigert - wenn schon kompakt, dann bitte so; Wut steht ESOTERICA jedenfalls besser als das Selbstmitleid der beiden folgenden Lieder. "Bleed [Til We're Blue]" wäre kurz vor Schluss gewiss gerne ein zukünftiger Clubhit, der aber erneut daran krankt, dass die Band die Zündung nicht findet und den Schlüssel für "The Humming Song" vollends weg-, die Flinte ins Korn wirft - und nein, damit sind nicht die Kollegen gleichen Namens gemeint … "Goth Girl"? - ein Piano-Streichler, der genauso wie das folgende George-Bush-Zitat (ächz!) den Abschlusstrack einläutet. "Watch This Drive" geht als finale Unerheblichkeit durch, die zudem ärgerlicherweise so weit mit Leerlauf aufgefüllt wurde, dass die Scheibe genau eine Stunde lang eiert.
FAZIT: ESOTERICA stellen am Ende des Tages eine bloße Rockband dar, welche die bekannten Vertreter modernen Spielarten des Stils ohne viel eigenes Zutun emuliert und damit weniger zeitgemäß als abgeschmackt tönt. Dass die Musiker dabei außerdem keine einzige markante Melodie auf die Reihe bekommen und einfach nicht grooven möchten, ist ärmlich und letztlich auch ihr Todesurteil, so solide das Gesamtbild in seiner Blässe auch ausschaut. Man mag übrigens kaum glauben, dass bei so wenig Durchschlagskraft hier zwei Klampfer am Werk sind.
Punkte: 6/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.06.2010
Laura
Tobias
Matthew, Bari
Luke
Trak / Intergroove
60:00
28.05.2010