In ihrer kanadischen Heimat sind FINGER ELEVEN eine größere Nummer als in Europa. Dort kann man nicht genug zeitgemäßen Stadionrock bekommen, während hierzulande bereits ein Pfennigssäckel dicke reicht.
Nein, dröger als Kroeger ist das Quintett nicht - im Gegenteil. FINGER ELEVEN besitzen einen Hang zum klassischen Hardrock früherer Zeiten und gehen entsprechend detailverliebt vor, insofern die kompakte, durchweg kommerzielle Ausrichtung dies zulässt. "Pieces Fit" erinnert mit viel Wohlwollen in diesem Zusammenhang an THIN LIZZY, wobei die singenden Leads dann doch nie an deren Zwillingsgitarren-Gesellenstücken kratzen können. Das möchten sie auch nicht. Aufmüpfig werden FINGER ELEVEN ohnehin in keinem Augenblick, wenn ihre Lyrics sich auch weitgehend die dumpfen Phrasen verkneifen, ja gelegentlich sogar tiefer schürfen und nachdenklich erscheinen. "Living In A Dream" swingt funky und klingt bar der gröbsten Machoriff-Schnitzer richtig luftig. Glatt bleibt die Chose - welchen der aufs Notwendige heruntergebrochenen Songs man auch anspielt - natürlich die ganze Zeit über, allerdings nicht auf die unangenehm rutschige Weise von allen voran NICKELBACK.
Die dicken Einer bleiben in der Hose, werden dem Hörer nicht penetrant unter die Nase gehalten, sodass dessen "Stone Soul" während eben diesem Track angesichts schönster Gesangsmotive in bester Manier der GALACTIC COWBOYS dahinschmelzen darf. "Famous Last Words" gerät darüber hinaus als besonders lebhaftes Exemplar des ökonomisch-effektiven Songwritingprinzips von FINGER ELEVEN durch und stellt ein weiteres Highlight zumindest für solche Musikkonsumenten dar, die noch nicht all den experimentellen Scheiß auf der Welt gehört haben und auch gar nicht wollen. Nach dem unkitschig rural folkigem Abgesang steht in jedem Falle fest: FINGER ELEVEN empfehlen sich als vollwertiger Ersatz für diverse kalkuliert klingende Millionenseller des angeblich so modernen, aber im Grunde genommen reaktionären Rock für die Massen.
FAZIT: FINGER ELEVEN weisen den weniger direkten Weg zur Glückseligkeit des Feierabendrockers, der dem Fließband genauso gern entkommen möchte wie die Band es bei allem Mehrheitsappeal über ihre Songs erreicht: Wirtschaftlichkeit sowie Mindestanspruch an Qualität und musikalische Abwechslung schließen sich auf "Life Turns Electric" nicht aus.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.10.2010
Sean Anderson
Scott Anderson
James Black, Rick Jackett
Rich Beddoe
Wind-Up
32:50
05.11.2010