In der christlichen Rockszene war eine zeitlang der Spruch "Why should the devil have all the good music?" schwer in Mode. Vielleicht sollte man aber einfach mal fragen, warum der Leibhaftige eigentlich so viel gute Musik "für sich beanspruchen" kann. Neben zahlreichen Black Metal-Kapellen sowie Retro-Bands wie THE DEVIL'S BLOOD oder IN SOLITUDE darf man auch die Schweden GHOST zu letzterer Gruppierung zählen. Die verpacken plakative, eindeutige Botschaften der Teufelsanbeterei in ein musikalisches Gewand, das sich aus psychedelischem Rock der 70er und dezent doomigem Heavy Metal der Frühzeit, der an ANGEL WITCH und MERCYFUL FATE erinnert, zusammensetzt. Gekrönt wird das durch beinahe schon ABBA-esk eingängige Melodien in den Refrains, die man nach zweimal hören nicht mehr aus dem Kopf bekommt.
So ist "Ritual" dank seines superben Kehrverses ein Ohrwurm, wie er im Buche steht, man wird diesen Song einfach nicht mehr los, wenn man ihn einmal gehört hat. Genauso besessen machen Songs wie "Con Clavi Con Dio" mit seinen Chorälen und der herrlich aggressiven Orgel, die ansonsten immer wieder stimmungsfördernd vor sich hin blubbert oder "Satan Prayer", das wiederum mit seinem unwiderstehlichen Refrain süchtig macht. Der psychedelisch-instrumentale Rausschmeisser "Genesis", das zwischendurch flott werdende "Stand By Him" oder das recht harte, stampfende "Elizabeth" (natürlich ist damit Frau Báthory gemeint) sind ebenfalls Songs, die zu begeistern wissen. Um den Retro-Effekt nicht zunichte zu machen, ist der Sound natürlich warm, knarzig und aufs Wesentliche reduziert.
Wie es sich für eine mystische Geister-Kapelle gehört, bleiben diese Teufeljünger (wie anfangs auch THE DEVIL'S BLOOD) anonym, auch wenn inzwischen durchgesickert ist, dass Mitglieder der schwedischen Death/Thrasher REPUGNANT bei GHOST aktiv sind. Wer aber der Sänger mit der glockenhellen, beinahe lieblichen Stimme ist, erschließt sich bisher nicht. Der Widerspruch zwischen der Art des Gesangs und den satanistischen Botschaften in den Texten könnte allerdings größer kaum sein. Mit zahlreichen famosen Gitarrenharmonien und -soli zeigt aber auch die Saitenfraktion ihre ganz große Klasse auf.
FAZIT: Man ist zunächst geneigt, GHOST mit "ach, wieder so eine Retro-Truppe" abzutun, doch recht schnell und ohne die Möglichkeit, sich dagegen zu wehren, bohren sich die Songs und die Gruselatmosphäre von "Opus Eponymous" ins Bewusstsein und bleiben dort hängen. Klar, so ein Sound ist derzeit trendy, das ändert aber nichts an der Klasse dieses Werkes, das leider nur viel zu kurz geraten ist.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.10.2010
Rise Above Records
34:43
18.10.2010