Das Jahr beginnt in Sachen Hardrock und Melodic-Rock mehr als beachtlich. Neben kommenden Veröffentlichungen von KEEL, RATT, TREAT und Konsorten gibt es doch tatsächlich ein neues Album der Melodic-Rocker GIANT! Gehörten GIANT doch zur absoluten Speerspitze der melodischen Rock-Musik der späten Achtziger und frühen Neunziger. Mit dem AOR-lastigen Debut „Last Of The Runaways“ (1989) und vor allem mit dem deutlich härteren „Time To Burn“ (1992) setzte man sich ein Denkmal und verschwand leider viel zu schnell von der Bildfläche. In Amerika mit Platin-Alben ausgezeichnete, war GIANT in Europa leider immer nur ein kleines Licht.
Der Hauptsongwriter dieser begnadeten Formation war Dann Huff, seines Zeichens einer der erfolgreichsten Session-Musiker überhaupt. Mr. Huff spielte bei nicht gerade wenigen Chart-Hits Gitarre, wie zum Beispiel bei so unterschiedlichen Künstlern wie AMY GRANT, MADONNA oder auch JOE COCKER, um nur einige zu nennen. Später war er auch als Produzent u.a. für MEGADETH erfolgreich.
Neun Jahre nachdem GIANT ihr letztes Album veröffentlichten, kam gänzlich unerwartet das sinnig betitelte „III“ auf den Markt. Zwar war das Album das bis dato schwächste, reichte aber immer noch aus, um den meisten anderen Melodic-Rock-Bands das Wasser abzugraben.
Jetzt sind erneut neun Jahre vorbei und ein weiteres Comeback von GIANT steht vor der Tür. Die Besetzung besteht nur noch aus zwei alten Gesichtern. David Huff (Bruder von Dann und Schlagzeuger) und Bassist Mike Brignardello sind als einzige Gründungsmitglieder übriggeblieben. Mein erster Schock war, dass GIANT ein Album ohne das Gitarrenspiel und vor allem ohne den markanten Gesang von Dann Huff aufgenommen haben. Die Gitarre übernahm John Roth (WINGER) und für den Gesang ist von nun an Terry Brock (Ex-STRANGEWAYS) zuständig. Das beruhigte mich dann doch ein wenig. Ist John Roth doch ein ausgesprochen guter Gitarrist und Terry Brock ein herausragender Sänger, der vor allem durch sein letztes Solo-Werk punkten konnte. Brock ist ein klassischer Melodic-Rock-Sänger und hat schon viele Alben mit seinem Organ veredelt. Doch kann das bei GIANT alles gut gehen? Stellen wir uns die Frage ein wenig später und kommen zunächst zu den einzelnen Songs. Das Album startet mit einer Coverversion des bandeigenen Hits „Believer Redux“ vom ersten und erfolgreichsten Album der Band. Der Song ist durchaus gelungen, wenn auch nicht so gut wie das Original. Alle Fans der ersten Stunde kann ich beruhigen, zwar vermisst man Dan Huffs Stimme aber Terry Brock ist wahrscheinlich der technisch versiertere Sänger und kann absolut überzeugen. Der Titelsong schafft mit seiner ruhigen Stimmung und gezielt eingesetztem Keyboard-Spiel ein gutes Wechselspiel zwischen typischem AOR-Hit und Semi-Ballade. „Never Surrender“ ist dann etwas flotter und überzeugt, auch wenn er nicht zu den stärksten Songs auf „Promised Land“ zählt.
Bei zwei Tracks - „Our Love“, einer tollen Ballade und dem abschließenden „Save Me“ (funkig angehauchter Hardrocker) - ist Bruder Dann Huff dann doch zumindest als Gast-Gitarrist und Co-Songwriter mit von der Partie.
Anspieltipps sind das hitverdächtige „I’ll Wait For You“, das durch seinen tollen Gesang und die ausgefeilte Instrumentierung punkten kann, sowie der 80er-Fun-Rocker „Plenty Of Love“.
FAZIT: Fast eine Stunde Spielzeit ist fast etwas zu lang, ein paar langsame Tracks weniger und mehr im Stil von „Plenty Of Love“ und das Album käme sogar an das geniale „W.E.T.“-Output und Melodic-Rock-Highlight von 2009 heran. Der markanteste Unterschied zu den alten GIANT ist natürlich der Sängerwechsel. Und auch, wenn ich Dann Huff hinterher trauere, muss ich zugeben, dass er durchaus gleichwertig von Terry Brock ersetzt wird. Somit können wir die eingangs gestellte Frage, ob ein neuer Sänger die Erwartungshaltung erfüllen kann, mit einem „Ja“ beantworten. Ein sinnvolles Comeback und hoffentlich nicht wieder von so kurzer Dauer wie 2001! Gemastert wurde das Album übrigens von Grammy-Gewinner Joe Palmaccio. Wenn das mal keinen guten Sound verspricht.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.02.2010
Mike Brignardello
Terry Brock
John Roth
David Huff
Frontiers Records
57:01
26.02.2010