Flotten, deutschsprachigen Indierock bietet Jan HAMMERSCHMIDT auf dieser Scheibe: musikalischer Anspruch bleibt über radiotaugliche Formatsongs außen vor, während die Texte niemandem schmerzen, jedoch von Peinlichkeiten absehen. Dies macht "Nur geredet" zu einem Werk für junge und jung gebliebene Hörer, die Musik in erster Linie als Gebrauchsgegenstand auffassen.
Was gerade eben in Teilen wie eine Werbeanzeige geklungen hat, meint der Rezensent keineswegs zynisch, denn schließlich verdienen Erscheinungen wie SILBERMOND - mit denen sich HAMMERSCHMIDT von der Geschlechterfrage am Mikrophon einmal abgesehen prinzipiell vergleichen lassen - als natürlich gewachsene Bands eine gewisse Anerkennung, selbst wenn der Sound subjektiv nicht pläsiert; den Vorzug gegenüber Nervigem wie REVOLVERHELD haben Jan und seine Truppe in jedem Fall verdient.
Der Bandleader beschäftigt sich mit Alltäglichkeiten, die - so trivial sie in Liedform gegossen erscheinen - doch jeder kennt, liebt und hasst. Bei "Niemals" verleiht er seiner Leidenschaft für die Details im Leben auch musikalisch Ausdruck, und zwar mit seltener Phonstärke. Ansonsten domiert das Genre-übliche Geschrammel, vor dessen Hintergrund die Lyrics bestens zum Tragen kommen. Dies schließt gleichwohl gefällige Leads und ein paar Sololicks hier und dort nicht aus, ohne den erwähnten Convenience-Hörer zu verstören.
Auf Stumpfpunk und "Witzischkeit" verzichtet HAMMERSCHMIDT dankenswerterweise. Der Namensgeber beschränkt sich auf eine aufmerksame Beobachtungsgabe, mit der er sein Umfeld analysiert. Das Ergebnis gießt er in einfache Worte und schlichte Musik, wobei letztere den KETTCARs und KANTEs der Republik nahesteht, aber nie vergleichbar tief schürft heranreicht.
FAZIT: "Nur geredet" bietet Teen-tauglichen Rock mit deutschen Texten, gewissermaßen zeitlos (bis die Konsumenten herausgewachsen sind), hittig, aber hinsichtlich der angesprochenen Hörerschicht, Ausdrucksform und musikalischen Bandbreite beschränkt - ein Einstiegsmittel für junge Musikinteressierte vielleicht im besten Sinn?
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.09.2010
Martin Reichenbächer
Jan Hammerschmidt
Jan Hammerschmidt, ,Martin Reichenbächer Marco Zimmermann
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Marcel Klette
Dust on the Tracks
45:23
13.08.2010