Bei Prophecy Productions und seinen Sub-Labeln kann man im Moment absolut nichts falsch machen und so reiht sich auch HELRUNARs aktuelles Werk „Sól“ nahtlos in die Reihe überdurchschnittlicher Veröffentlichungen ein. „Sól“ als dritter kompletter Longplayer des Münsteraner Duos plus Zwei ist nun alles andere als leicht verdauliche Kost geworden, eigentlich passt nur ein Wort als Beschreibung: Monumental.
Monumental ist „Sól“ in allen Belangen, angefangen bei der Spiellänge von mehr als 1 1/2 Stunden über die Ausstattung als aufwendiges Artbook und Do-CD bis hin zur Musik, die ein heftiger Brocken geworden ist. Black Metal ist eindeutig die Basis des HELRUNARschen Universums, stumpfe Raserei wird aber größtenteils beiseite gelassen und macht einem düsteren gitarrenbetonten Klangteppich im Mid-Tempo-Bereich Platz, phasenweise ausgereizt bis zu aktueller SATYRICONscher Reduziertheit, phasenweise aber ausladend bis zur Überfrachtung mit akustischen Gitarreneinwürfen und der Verspieltheit und Brutalität der Überväter NEUROSIS. Beide Vergleiche hinken natürlich, da HELRUNAR etwas ganz Eigenes schaffen, düster, melancholisch und bedrohlich zugleich.
Nicht unerheblichen Anteil an diesem Gesamtbild hat der hervorragende Gesang, der immer wieder durch tagebuchähnliche gesprochene Passagen den Fluss des Albums unterbricht und Einblicke in sehr persönliche Gedanken offenbart, während sich die deutschen Texte auf eher künstlerische Herangehensweise alten Mythen nähern. Vom Stimmumfang nutzt Skald Draugir alle möglichen Variationen von Flüstern über klaren Gesang bis hin zu schwarzmetallischen Gekeife, wobei keine der Variationen in irgendeiner Form aufgesetzt wirkt.
Auch wenn „Sól“ in „Sól I, der Dorn im Nebel“ und „Sól II, Zweige der Erinnerung“ aufgeteilt wurde, sind letztendlich die Songs und die Qualität ähnlich, Teil Zwei ist vielleicht einen Tick verspielter und progressiver, wobei HELRUNAR aber das gängige Strophe-Refrain-Schema meiden wie der Teufel das Weihwasser und stattdessen eher Strukturen klassischer Musik mit großer Dynamik und fließenden Übergängen den Vorzug geben. Easy Listening ist „Sól“ zu keiner Sekunde geworden, zu komplex sind die Strukturen, zu mannigfaltig die Ideen, zu beeindruckend die Worte. Das Mammutwerk will erarbeitet werden, eine Arbeit, die sich aber auszahlt.
FAZIT: Die Black Metal-Welt wird HELRUNARs „Sól“ nicht revolutionieren. Es bleibt aber festzuhalten, dass es den Münsteranern gelingt, trotz vieler Zitate einen beeindruckenden Koloss von Werk auf den Hörer loszulassen, sofern dieser bereit ist, sich mit den vielfältigen Details der Musik auseinanderzusetzen. Zum Nebenbeihören beim Kochen oder Staubsaugen taugt die Scheibe indes nicht.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.12.2010
Skald Draugir
Discordius (Session), Harcon (Session)
Alsvartr
Lupus Lounge
44:46/48:08
07.01.2011