Über diesen begnadeten, 1940 geborenen Jazzpianisten, der früher auch mal Teil der MILES DAVIS-Band war, noch großartig Worte zu verlieren ist in etwa so sinnvoll wie Wasserbefeuchtung. Man höre sich doch bloß mal einen Großteil des Nachwuchses an und stelle sich danach die Frage, wer da wohl ein großer Einfluss gewesen sein könnte. Ferner wäre es auch zu viel des Guten, auf den ausladenden Backkatalog des großen Meisters einzugehen.
Der Herr der Tasten hat sich mit „The Imagine Project“ stilistisch so weit wie nur selten aus dem Jazzfenster heraus gelehnt. HERBIE HANCOCK definiert den Begriff „World Music“ mit diesen zehn Coverversionen auf seine ganz eigene Art und Weise. Für dieses edle Teil hat sich Hancock nämlich auf eine musikalische Weltreise begeben und macht dort zum Beispiel Abstecher nach Irland, Indien, Afrika oder Südamerika und verflicht diese multikulturellen Elemente mit seiner individuellen Note, die trotz vermeintlicher Zurückhaltung stets präsent ist.
Ein Blick auf die Trackliste sollte sämtliche offenen Fragen beantworten, denn eine Erwähnung beziehungsweise Auflistung aller partizipierender Musiker würde den Rahmen dieser Rezension völlig sprengen, doch hier wird schnell klar, dass HERBIE HANCOCK bei der Suche nach und der Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern eine erstklassige Wahl getroffen hat. Die Befürchtung, dass einige Supernames nur der Selbstbeweihräucherung dienen, löst sich dabei schnell auf, denn die Ergebnisse, die er mit seinem „Who is who der Musikwelt“ auf die Beine gestellt hat, sind von künstlerisch großem Kaliber, und es ist eine unterhaltende und interessante Angelegenheit, diesen multikulturellen Interpretationen bekannter Songs zu lauschen.
FAZIT: „The Imagine Project“ beweist, dass eine All-Star-Anhäufung nicht immer nur in profilneurotischer, szeneexhibitionistischer Onanie und substanzloser Routinearbeit resultieren muss, sondern sehr wohl mit Qualität und Spielwitz aufwarten kann. Und um noch mal auf den „Jazz“ auf diesem über sechzigminütigen Werk zurückzukommen: Gerade die kulturelle Grenzenlosigkeit dieses „Selbstgeschenks zum siebzigsten Geburtstag“ ist so sehr Jazz wie viele Jazzkünstler es gerne wären und niemals sein werden.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.07.2010
Herbie Hancock (alle Tasteninstrumente)
siehe Tracklist
Sony Music
66:13
18.06.2010