IMMOLATION haben es trotz konstant hohem Niveau eigentlich nie wirklich geschafft, den Death Metal-Underground zu verlassen. Beim Anhören des mittlerweile achten Albums „Majesty And Decay“ fragt man sich nun unwillkürlich, wieso solch düstere und perfekt inszenierte Musik nicht ganz oben auf der Death Metal Welle surft?
Aber der Reihe nach, das Intro zeigt den Weg auf, den „Majesty And Decay“ hoffentlich nehmen wird, hinab in die Finsternis, die Verdammnis und die Seelenqualen. Und es hat nicht zuviel versprochen, „The Purge“ ist ein düsterer rasender Nackenbrecher erster Kajüte, gefolgt vom genialen „A Token Of Malice“, das durch eine abgedrehte Gitarrenlinie perfekt eingeleitet wird, um dann in komplexe Raserei überzugehen, alles mit seltsam leicht bekifftem Groove. Großes Kino.
Danach wird die Geschwindigkeit etwas herausgenommen und drei Oldschool-Death Metal-Songs präsentiert, die sehr düster daherkommen und zum Matte kreisen lassen einladen. „A Glorious Epoch“ gibt dann wieder Gas und überzeugt durch halswirbelgefährdende Rhythmik und Betonungen, die die Klasse des Ex-Deeds Of Flesh-Drummers Steve Shalaty explizit werden lassen. Instrumentale Zwischenspiele sind im modernen Death Metal-Kontext ja meist nette kleine positive Einsprengsel, nicht so bei IMMOLATION, hier wird auf eine durchgehende bösartige Stimmung geachtet und das Zwischenspiel ist konsequent düster und bedrohlich gehalten.
Im Laufe von „Majesty And Decay“ wird eines offensichtlich: Platz für Füller haben IMMOLATION zu keiner Sekunde verschwendet, der hohe Standard setzt sich fort, „The Rapture of Ghosts“ ist eher langsam gehalten und überzeugt mit einem heftigen abschließenden Power-Chord-Gewitter, bevor bei „Power And Shame“ wieder aufs Tempo gedrückt wird, nicht ohne schiebende Gitarrenparts zu integrieren, die mit MORBID ANGELesquen Gitarrensoli verziert sind. Das an- und abschließende „The Comfort of Cowards“ ist vielleicht das komplexeste und uneingängigste Stück Tonkunst auf diesem Silberling, biete aber trotz Ausblende ein würdiges druckvolles Ende der Scheibe und lässt den geneigten Hörer verstört feststellen, dass eine dreiviertel Stunde so schnell vergehen kann.
Selten ist mir in der letzten Zeit eine so stimmige Scheibe wie "Majesty and Decay" in die Hände gekommen. Dieses liegt zu einem nicht unerheblichen Teil an der glasklaren differenzierten Produktion durch Paul Orofino, während Zack Ohren beim Mastering seinem Nachnamen alle Ehre machte und den organischen Sound der Band ohne Plastikmüll großartig in Szene setzt. Was würde ich dafür geben, dass mehr Leute ihr Handwerk so verstünden, wie diese beiden Herren...
FAZIT: IMMOLATION zeigen nach 19 Jahren im Geschäft all den Ach-wir-können-so-toll-Stakkato-riffen-aber-keine-Songs-schreiben-Bands wo der Hammer hängt. „Majesty And Decay“ ist zugleich brutal, komplex und mit CROWBARscher Negativität behaftet, hat aber eines den oben genannten Bands voraus, IMMOLATION sind exzellente Songwriter und schon nach dem ersten Durchgang hat sich ein Großteil der Scheibe ins Hirn gefressen, um dort sicher lange Zeit für schlechte Tage vorratsgespeichert zu werden. File under: Unerwartet grandiose Scheibe.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.03.2010
Ross Dolan
Ross Dolan
Robert Vigna, Bill Taylor
Steve Shalaty
Nuclear Blast
45:02
05.03.2010