Reggae? - Das sind doch die Typen, die die Eins im Takt immer vergessen … Den Stil mit harten Gitarren zu mischen, ist allerspätestens seit DUB WAR nicht undenkbar, und wie diese darf man INSOLENCE darüber hinaus mit Pionieren wie URBAN DANCE SQUAD oder RAGE AGAINST THE MACHINE vergleichen - auch wegen ihrer hier und dort politisch motivierten Lyrics. "Audio War" verbindet die obligatorische Riddims mit deftigen Riffs.
Harsche Strophen, die ob der Rhythmusmonotonie auch zu MINISTRY-Smashern passen würden, brechen sich mit sehr eingängigen, meist typisch Reggae-positiven Refrains. "Blue Sky" hingegen ist reiner Sonnenschein mit Orgel und Love-Vibes. Wenn daraufhin in "Kyodai" Metalgitarren auf Funk und Scratches treffen, wird man sich einmal mehr bewusst, wie früh an die seligen MORDRED mit eben dieser Mischung waren, wobei den Reiz von INSOLENCE häufig die kontrastierenden Stimmen (Raps, Shouting und melodische Vocals) ausmachen. "Yoga Fire" wäre ein typischer Hiphop-Rocker, pimpten ihn die Chants und das zwischenzeitliche Gebrüll der MCs nicht zu einem weit weniger vorhersehbarem multikulturellen Krachschläger auf. Auch danach bleibt die Scheibe erfrischend; "Joshua" und "Uprising" klingen friedvoll verkifft, und "Shine" lässt hüpfen wie moshen (SOULFLY anybody?) - alles wie angedeutet als schlüssige Synthese verschiedener musikalischer Welten und höchst zudringlich.
Der ursprünglichen Stilistik sagt man bisweilen Gleichförmigkeit nach und kritisiert ihre Haltung dem weiblichen Geschlecht gegenüber; beides fällt innerhalb des erweiterten Klangkonzepts und wegen der Welternst wie Partylaune umfassenden Attitüde von INSOLENCE weg. Das wirre Gezische, das die Sampler hier und dort anrichten, sowie die schroff klingenden Gitarren machen "Audio War" auch für Industrial-Freaks interessant, und der Rest erfreut sich eines gar nicht mal oberflächlichen Albums zum Abhotten.
FAZIT: "Audio War" ist exotisch, aber nicht geschmäcklerisch. "Schwarze" Musik trifft auf das Muskelspiel moderner Rockbands, die mit feisten Riffs und kernigem Geschrei ihren Mann stehen - und dies für jedermann erschließbar. Die Texte von INSOLENCE überzeugen ohne Ghetto-Gehabe, und gut drei Viertel ihrer Lieder gehen als Hits durch. Wer Kreuzüber einmal etwas anders erleben möchte, braucht nicht mehr als dies, so er keine Scheuklappen trägt.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.06.2010
Clint Westwood
Mark Herman, Mech 1
Michael Rowan
Kevin "The Guch"
Ichy (scratches, turntables)
Rodeostar /SPV
38:24
19.02.2008