Über INTERZONE zu schreiben ist nicht ganz einfach, da ich eine sehr persönliche Beziehung zu dieser Band habe. Zu der Band kam ich 1981 durch eine Übertragung des Waldbühnen-Konzertes mit eben jenen, SPLIFF und IDEAL in der Glotze. Auf Anhieb hasste ich diese Band mit dem seltsamen Sänger, aber ich bin ja der offene Typ und ging am nächsten Tag schnurstracks in den Plattenladen meines Vertrauens (Das ist ein Laden, in dem man Schallplatten anhören und dann kaufen konnte), nur um dort auf das Debüt INTERZONEs zu stoßen und mich Hals über Kopf in diese Band zu verlieben. Diese Liebe hält bis zum heutigen Tag an und INTERZONE läuft auch nach annähernd 30 Jahren immer wieder mal mit ungebrochener Begeisterung meinerseits auf meinem Plattenteller.
Das folgende Album „Aus Liebe“ war dann anders, weniger Blues und Soul, die Bläser waren abgeschafft, aber INTERZONE war immer noch meilenweit von der gezwungenen Lockerheit der NDW entfernt, zu denen die Band ja fälschlicherweise immer wieder gezählt wurden. Im Prinzip war das Fundament der Band weiterhin Rhythm 'n Blues mit gelegentlich funkigem Bass und hardrockigem Unterton, das absolut einmalige Markenzeichen war und ist Heiner Pudelkos hoher gelegentlich kreischiger, gelegentlich stechender, aber immer gefühlvoller Gesang. Die Texte schwanken zwischen bösartig, nihilistisch und zynisch, wobei die geistreicheren ganz klar von Pudelko selbst kamen.
Aus Werbephrasen wie „Die Post ist da“ „Die Pest ist da“ zu machen oder „Eisenmann“ mit BLACK SABBATHs „Iron Man“ in der Gitarre zu akzentuieren ist unterhaltsam, die Texte von „Deutschlandlied“ und „Was ich an die mag“ aber sind trotz aller „lalalas“ bitterböse, während „Prinzessin in Köln am Rhein“ eine typisch einfühlsame Ballade ist, die von Pudelkos einzigartiger Stimme und Stimmung lebt und atmet. Der Mann schafft es, mir auch nach zig Jahren immer wieder Schauer über den Rücken zu treiben, unfassbar. „Hasso fass!“ und „Armer Paul“ sind zumindest in Insider-Kreisen Klassiker geworden, während auch auf „Aus Liebe“ mit „Adam Jr.“ ein vertontes Wondratscheck-Gedicht nicht fehlen darf.
Die weitere Geschichte INTERZONEs ist so tragisch wie traurig, nach dem mäßig erfolgreichem „Das süße Leben“-Album löst sich die Band auf, Pudelko veröffentlicht zum Teil mit Unterstützung seiner ehemaligen Band zwei Solo-Alben, Bassist Kurt Herkenberg wird bereits 1983 mit Kopfverletzungen tot aufgefunden, Gitarrist Leo Lehr stirbt 1988 bei einem Verkehrunsfall, und Heiner Pudelko stirbt im Januar 1995 an einem Hirntumor.
Nur nebenbei sei noch angemerkt, dass die Wiederveröffentlichung hier zwar ohne Bonustracks oder ähnliches auskommt, aber der remasterte Sound um einiges druckvoller und klarer als das Original ist. Runde Sache im eckigen Digi-Pack.
Sollte ich eine persönliche Reihenfolge der wichtigsten deutschsprachigen Platten aufstellen, würde „Aus Liebe“ wohl auf Platz drei nach FEHLFARBENs „Monarchie uns Alltag“ und INTERZONEs Debüt rangieren, das der Zweitling nicht ganz erreicht. Wir bewerten zwar offiziell Re-Releases nicht, aber ich schreib hier mal eine Zahl hin. Vierzehn.
FAZIT:
Jeder gute Deutsche hat einen Schäferhund
zum Anfassen und liebhaben,
und ein buntes Auto zum Einseifen,
das liebt er auch.
Aber seine wahre Liebe
wartet hinter der Gardine.
Hasso fass! Hasso fass! Hasso fass!
Jeder gute Deutsche hat einen großen Mund
zum Bierfassen und Jasagen.
Und ein dickes Fell zum Einseifen,
das hält er hin.
Aber abends in der Kneipe
findet er das alles Scheiße.
Hasso fass! Hasso fass! Hasso fass!
Fass!
Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.03.2010
Kurt Herkenberg
Heiner Pudelko
Leo Lehr, Mario Schulz
Hans Wallbaum
Sireena Records
40:17
29.03.2010